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Ausstellung Humberghaus Dingden
Der Geschichtsort
Als 2001 die Mitglieder des Heimatvereins Dingden e.V. mit der Sanierung des Humberghauses begannen, konnten sie nicht erahnen, welch unentdeckter Lebensraum sich hier finden würde. Das Haus stellt für die Denkmalpflege einen seltenen Glückfall dar. Die Bewohner und Besitzer haben nach 1941 kaum Bauveränderungen vorgenommen – so haben sich viele authentische Details aus der Wohn- und Nutzungsgeschichte des Hauses und des jüdischen Lebens in Dingden erhalten.
Zu den beeindruckendsten Funden zählen das Lesesteinpflaster des Vorgängerbaus mit den Initialen „J N“, das an den Erbauer Jakob Nienhaus erinnert; die Darre für das Bierbrauen, die wahrscheinlich dem ersten jüdischen Bewohner des Dorfes, Simon Cohen, gehörte; und eine sehr selten erhaltene Privatmikwe – ein jüdisches Ritualbad. Auch ehemalige Farbfassungen und Wandornamente konnten sichtbar gemacht werden.
Der Heimatverein Dingden e.V. gab das ursprüngliche Projekt, das Haus als Erweiterung des benachbarten Heimathauses zu nutzen,auf und ließ eine lebendige Gedenkstätte zur Geschichte des jüdischen Lebens in Dingden entstehen.
Dank der Unterstützung des Landschaftsverbands Rheinland, der NRW-Stiftung und der Bezirksregierung Düsseldorf, sowie der Beratung durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege konnten die Renovierungsarbeiten 2010 beendet werden. Die aufgedeckten Details wurden fachgerecht renoviert und teilweise ergänzt. Sie laden die Besucher ein, sich in die Atmosphäre des Hauses um 1940 einzufühlen und stellen somit den zentralen Aspekt des Vermittlungskonzepts dar.
Das Haus
Die Hausforschung des Landschaftsverband Rheinland schreibt alseine Schlussbemerkung in ihrem Gutachten: "Durch das Vergessenwordensein des Gebäudes als jüdisches Hausbietet sich in Dingden die einmalige Chance, die deswegen nochvorhandenen Ausstattungsstücke in situ wieder erlebbar zu machen, um damit einen Beitrag zur Aufarbeitung der jüdischen Kultur-geschichte zu leisten." Viele Funde haben sich im Humberghausaufgetan und zeugen noch heute von jüdischen Spuren.
In einem Zimmer wurde im Oktober 2002 ein ausgemauertes Becken freigelegt. Die Mikwe diente zur rituellen Reinigung. Spuren einer Mesusa fanden sich im Türrahmen. Bei einer Mesusahandelt es sich um eine Kapsel, in der sich eine Toratext befindet. Die Hülse mit ihrem Inhalt wird an einem Türpfosten angebracht. Unter einem Holzfußboden gruben die Helfer eine Darre aus. Ein behauener Naturstein, auf dem Gerste geröstet wurde,die dann beim Bierbrauen verwendet wurde. Die Metzgerei wurde behutsam und in mühevoller Arbeit rekonstruiert. Die typische Wanddekoration ist erhalten geblieben. Nachdem die Tapeten entfernt waren, kamen an den Wänden Marmoranstriche zum Vorschein. Sie waren gut erhalten und bleiben nun sichtbar. Neben der Eingangstür ist noch heute der Abdruck des Firmenschildes der Familie Humberg („Abraham Humberg - Viehhandel“) sichtbar. Es wurde bereits am 30.03.1933, dem Tag der Machtergreifung Hitlers, von Mitgliedern der SA an dieser Stelle abgeschlagen.
Ausstellung
Durch den Erhalt der ursprünglichen Raumabfolge sowie durch die Existenz der besonderen Raummerkmale wie die eines jüdischen Ritualbades, der Mikwe, des Raums der Schlachterei sowie einer Upkammer, die eine halbe Treppe höher liegt als die Räume im Erdgeschoss, bietet das Haus schon durch seine Struktur einen hohen Geschichtswert.
Die Ausstellungskonzeption und -gestaltung entwirft eine zurückhaltende Inszenierung der Räume. Sie platziert behutsam die überlieferten Gegenstände, Möbel, Dokumente und Fotografien in die Räume und ergänzt sie mit Ausstellungsmöbeln, wie etwa zierliche Kästchen, die Exponate mit den Biographien der Familienmitglieder verknüpfen – angelehnt an private Sammelkästchen, in denen Erinnerungsstücke an Familie, Freunde und die eigenen Erlebnisse aufbewahrt werden.
Auf ausführliche Texttafeln wurde verzichtet, um den authentischen Raumcharakter zu erhalten. Ein i-pod-Guide führt die Besucher durch die Räume und macht sie mit den Biographien der Familie vertraut. Zeitzeugen, Mitglieder des Heimatvereins, Experten und Nachfahren der Familie Humberg schildern anschaulich Leben und Alltag im Humberghaus. Grafische Interpretationen der Ereignisse und des Lebens im Hause stützen die Vorstellungskraft der Besucher. Die Zeichnungen des Illustrators Lars Baus halten Momente des Lebens im Haus fest, ohne konkrete Personen ins Bild zu rücken.
Medien-Guide
Durch die renovierten und sensibel gestalteten Räume des Humberghauses führt Sie ein vielseitiger und umfassender Medienguide. Der interaktive Führer ermöglicht Ihnen eine selbstständige und individuelle Erkundung der Räume.
Dabei erfolgt die Bedienung ganz intuitiv. Im Startmenü wählen Sie durch Berühren des Bildschirms die Ebene und den Raum. Sie können im Erdgeschoss zwischen mehreren Hörspielen mit Informationen zur Funktion des Raums, den Biografien der einzelnen Familienmitglieder und Erläuterungen zu jüdischer Kultur wählen. Die Mediensequenzen im Obergeschoss widmen sich der Geschichte des Hauses und der Familie Humberg nach 1933.
Der Medienguide im Humberghaus Dingden bietet eine umfangreiche Datenbank, die mit zahlreichen Bildern, Interviews mit Projektbeteiligten und Filmausschnitten ausgestattet ist. Dank des Beitrags unterschiedlicher Akteure - Zeitzeugen, Mitglieder des Heimatvereins, namhafter Experten und Nachfahren der Familie Humberg – wird Ihnen ein vielschichtiger und komplexer Einblick in Leben und Alltag jüdischer Familien dargeboten.