Inhalt Seitenleiste

Gedenkstätten im Portrait: Der Geschichtsort Humberghaus in Hamminkeln-Dingden

Seit 2012 erinnert der in einem restaurierten Wohnhaus eingerichtete Geschichtsort über das Leben und Schicksal der Familie Humberg

Verfasst am 18. August 2014

Das Humberghaus in Hamminkeln-Dingden unweit der Stadt Wesel und der niederländischen Grenze besteht seit zwei Jahren als ein Geschichtsort, der an die Lebensgeschichte der jüdisch-deutschen Familie Humberg und ihr Schicksal zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erinnert. Die einstigen Bewohnerinnen und Bewohner – das Ehepaar Rosalia und Abraham Humberg und ihre sieben Kinder – wurden zu Opfern des nationalsozialistischen Terrors, vor dem sie ins Exil flüchteten. Vier der Geschwister entkamen nicht ihrer Deportation und starben durch die Shoa. Der Geschichtsort strebt an, die jüdische Kulturgeschichte der Gemeinde Dingden durch eine eigene Ausstellung aus der Vergessenheit zu heben.

Der Projektträger des Geschichtsortes Humberghaus ist der seit 1976 tätige Heimatverein Dingden e.V. Im Jahr 2001 beabsichtigte der Heimatverein eigentlich die Ausstellungsfläche für das bestehende Heimatmuseum zu erweitern, indem ein um 1700 errichtetes und nach einem Brand 1837 wiedererbautes Gebäude angemietet wurde. Bei den Sanierungsarbeiten stellte sich heraus, dass das Haus seit 1941 baulich unverändert geblieben war und die zahlreichen Details einen Einblick in die häusliche Lebensgeschichte der zuletzt dort lebenden jüdischen Familie Humberg gaben. So zeugen auch heute die seltenen Fundstücke, wie untere anderem ein jüdisches Ritualbad (eine sogenannte Mikwe), die Wanddekorationen, Möbel, Fotografien und andere persönliche Alltagsgegenstände vom Leben der jüdischen Familie in der katholischen Landgemeinde der 1930er und 40er Jahre.

Der Heimatverein entschied nach diesem überraschenden Fund der jüdischen Geschichte der Gemeinde Dingden, die mit der Familie Humberg ein Ende genommen hatte, in einer Ausstellung Raum zu geben und zu diesem Zweck in dem alten Gebäude einen eigenen Geschichtsort einzurichten.

Durch Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die etwas über die Familie Humberg zu berichten wussten und das Auswerten zahlreicher historischer Dokumente und Sachzeugnisse wurde in jahrelanger Arbeit die Geschichte der Familie rekonstruiert. Im Jahr 2010 wurden schließlich die Renovierungsarbeiten im Humberghaus unter anderem mit der finanziellen Unterstützung vom Landschaftsverband Rheinland, der NRW-Stiftung und der Bezirksregierung Düsseldorf abgeschlossen. Durch die originalgetreue Sanierung wurde der ursprüngliche Charakter und die familiäre Atmosphäre des Gebäudes bewahrt. So ist beispielsweise auch die frühere Raumabfolge erhalten geblieben. Der ursprüngliche Nutzungszusammenhang und die Bedeutung der einzelnen Räume sollen durch die überlieferten Sachzeugnisse der Familie sichtbar werden, wobei ganz bewusst auf ausführliche Texttafeln verzichtet wird. Die Ausstellung stützt sich insbesondere auf die Vorstellungskraft der Besucherinnern und Besucher, die unter anderem durch zahlreiche Illustrationen, sogenannte Graphic Novels, angeregt werden soll. Ein umfangreicher, interaktiver Medienguide hält zudem umfangreiche Hintergrundinformationen parat und ergänzt das Angebot der klassischen Führungen durch die Ausstellung.

Die Ausstellung veranschaulicht im Erdgeschoss die Wohn- und Lebensumstände der Familie Humberg vor und während des Nationalsozialismus bis zum Jahr 1941, dem Jahr der Zwangsausweisung aus ihrem Haus. Zu besichtigen sind beispielsweise der wiederhergestellte Manufakturwarenladen von Rosalia Humberg, der 1938 durch die SA zerstört wurde, oder auch eine koschere Metzgerei mit angrenzender Küche, die bis 1938 von den Söhnen Leopold und Siegmund Humberg geführt wurde. Auch die anderen privaten Wohnräumlichkeiten, die von den zahlreichen sozialen Beziehungen der Familie Humberg zu anderen Menschen in Dingden erzählen sind zu besichtigen. Im Dachgeschoss wird mit Hilfe von Zeitzeugnissen, Zitaten und Interviews an Medienstationen die Geschichte der Familie nach dem Verlust des Hauses und der Emigration der Kinder Frieda, Ernst und Siegmund nach Kanada sowie die Deportation und Ermordung von Johanna, Leopold, Helene und Wilhelm Humberg in Riga, Theresienstadt und Auschwitz thematisiert. Die Ausstellung schlägt abschließend eine Brücke in die Gegenwart: Auch die Geschichte des Hauses nach 1941 bis zur Eröffnung des Geschichtsortes im Jahr 2012 ist mit zahlreichen Einblicken in die Recherchearbeiten dokumentiert.

Von zentraler Bedeutung für die Ausstellung im Humberghaus ist das Selbstverständnis als ergänzungsoffener Geschichtsort, der dem Gedenken an die Familie, der Mahnung  und dem Lernen aus der Geschichte gewidmet ist, und in dem die äußere Mithilfe und das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder des Heimatvereins wesentliche Stützpfeiler sind. Der Geschichtsort ergänzt sein Angebot neben dem öffentlichkeitswirksamen Kino-Open-Air „FilmSchauPlätze“ auch durch hochwertige und umfangreiche Handreichungen für Lehrerinnen und Lehrer zur Vorbereitung auf einen Besuch. Auch der Besuch der Internetseite des Geschichtsortes lohnt sich aufgrund der umfangreichen Online-Führung durch die Ausstellung sehr.

Kontakt:

Humberghaus Dingden

Hohe Straße 1
46499 Hamminkeln-Dingden
<link typo3 mailto:typo3>info@humberghaus.de

Öffnungszeiten:

sonntags
14 – 18 Uhr
und nach Vereinbarung
Eintritt: frei

Quellen und nähere Informationen:

<link http: www.humberghaus.de>

www.humberghaus.de

<link http: www.unser-denkmal.de projekte heimatverein-dingden-e-v>

www.unser-denkmal.de/projekte/heimatverein-dingden-e-v/

<link http: www.yadvashem.org yv de education newsletter article_hermanns.asp>

www.yadvashem.org/yv/de/education/newsletter/07/article_hermanns.asp

zurück