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„Endlich mal jemand, der unsere Fragen wirklich ernst nimmt“

Besucherforschung: Schülergruppen bewerten jetzt pädagogische Projekte am Geschichtsort Villa ten Hompel / Wolfgang Suwelack-Stiftung in Billerbeck stellt erhebliche Fördermittel für Exkursionen zu KZ-Gedenkstätten bereit.

Verfasst am 15. Januar 2005

Schon bevor‘s bald in den Schulen Zeugnisse gibt, durften sich die Haupt- und Ehrenamtlichen am Geschichtsort Villa ten Hompel der Stadt Münster über gute Noten freuen. Über 500 Schülerinnen und Schüler aller Schulformen haben bisher in Bewertungsbögen die pädagogischen Projekte unter die Lupe genommen, dabei in eigenen Worten viel Anerkennung und sehr konstruktive Kritik geäußert. Die laufenden Befragungen sind Teil der Besucherforschung, die für die historisch-politische Bildung von strategischer Bedeutung ist. „Hier nur mit dollen Erfolgszahlen zu jonglieren oder sich träge auf positiven Rückmeldungen der Schüler auszuruhen, liegt uns allerdings schon deshalb fern, weil wir uns als junge, vergleichsweise kleine Einrichtung erst einen nachhaltigen Ruf erarbeiten müssen, andererseits aber schon vom Haus her keinen Ansturm wie große Museen oder bekannte NS-Gedenkstätten verkraften könnten“, gibt Stefan Querl, zurzeit für den Schulbereich tätig, zu bedenken. „Zentrales Anliegen ist es, individuell auf die Einzelbesucher oder auf Gruppen einzugehen und selbstkritisch zu analysieren, was sie uns ins Stammbuch schreiben“

Ausschalten kann das Team inzwischen weitgehend einen Effekt, der gerade an einem Erinnerungsort zur NS-Zeit schnell zu verzerrten, politisch quasi überkorrekten Ergebnissen führen kann, nämlich das Problem „sozial erwünschter Antworten und Reaktionen“ – frei nach dem Schülermotto: „Hier besser bloß nicht zugeben, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte eigentlich stinklangweilig war.“ Die Jugendlichen trauen sich mittlerweile durchaus, klar zu signalisieren, was ihnen an Seminaren und Schulprojekten gefällt und was ihnen nicht passt. Und sie honorieren vor allem, wenn „auf Augenhöhe“ mit ihnen über Quellen, über Vergangenheit und Verantwortung diskutiert wird. So werden im März rund 100 Schüler aus allen Borkener Schulen zu einem Großprojekt „Historische Spurensuche vor Ort“ erwartet. Jüngst nahm die Europa-Schule Goethe-Gymnasium in Ibbenbüren das Seminarangebot am Geschichtsort Villa ten Hompel fest in ihr Schulprogramm auf. Sie folgte damit dem Beispiel etlicher Schulen im Stadtgebiet von Münster.

„Endlich mal jemand, der unsere Fragen an die Geschichte auch wirklich ernst nimmt und bei schwierigen Antworten nicht ausweicht“, urteilte eine junge Erwachsene aus der Marienschule Münster, die vorige Woche mit ihrem Leistungskurs der Stufe 13 die Villa ten Hompel kennen lernte, die Dauer- und die Wechselausstellung „Über-Leben“ besuchte. Eine Mitschülerin hob hinterher hervor: „Sie haben uns nicht unterschätzt. Manche Referenten machen sonst so ‚Kinderseminare‘.“ Ähnlich lobend äußern sich Haupt-, Real- und Gesamtschüler, die oft aus Lippe und dem Ruhrgebiet kommen. Wobei die Teilnehmerin einer westmünsterländischen Schul-AG gegen Rechtsextremismus sehr klare, durchaus nicht unumstrittene Worte wählte: „Ich finde es gut, dass die Villa ten Hompel kein stumpfes Museum ist, sondern für den Geschichtsunterricht wirklich zu gebrauchen ist. Man merkt, dass die Leute, die dort arbeiten, sich dafür interessieren.“

Sein Interesse am Gelingen der pädagogisch-wissenschaftlichen Arbeit hat jetzt auch der Vorstand der Wolfgang Suwelack-Stiftung zum Ausdruck gebracht. In erheblichem Umfang unterstützt die Stiftung des Unternehmers aus Billerbeck in diesem Jahr und in 2006 den Förderverein der Villa ten Hompel, so dass Honorarkräfte für das Gedenkstättenfahrten-Programm „Aus der Geschichte lernen?!“ gewonnen und gehalten werden können. Die Begegnungen mit KZ-Gedenkorten wie Bergen-Belsen werden in enger Kooperation mit der Katholisch-Sozialen Akademie Franz Hitze Haus in Münster organisiert. Bis weit ins nächste Schuljahr hinein sind diese auch von der öffentlichen Hand z.T. mitgetragenen Seminarprojekte für junge Freiwilligen-Gruppen ausgebucht.

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