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"Von einigen gibt es nicht mal ein Foto"

Gedenken an die ermordeten jüdischen Bewohner Drensteinfurts/„Stolpersteine“ werden im Dezember verlegt

Verfasst am 10. November 2008

-ani- Drensteinfurt. Genau 70 Jahre, nachdem Schlägertruppen von SS und SA die Drensteinfurter Synagoge demoliert und die Mitglieder der jüdischen Gemeinde misshandelt hatten, trafen sich am Sonntagmorgen Menschen aller Generationen in dem ehemaligen jüdischen Gotteshaus, um der Opfer des Nazi-Terrors zu gedenken.

„Es war wohl noch nie so voll hier, und noch nie waren so viele junge Menschen dabei“, freute sich der Vorsitzende des Synagogen-Fördervereins, Dr. Kurt Omland.

Neun Juden aus Drensteinfurt haben den Holocaust nicht überlebt. Die Lebensläufe von sieben der Ermordeten – allesamt Mitglieder der beiden Familien Salomon – verlasen Paten im Rahmen der Gedenkveranstaltung.

Am 10. Dezember sollen „Stolpersteine“ an den Stellen verlegt werden, an denen die jüdischen Deportierten ihren letzten Wohnort hatten. „Auf den Stolpersteinen sind nur die wichtigsten Daten der jüdischen Opfer zu sehen“, erklärte Omland. „Heute aber soll das Leben der Menschen im Mittelpunkt stehen.“

Birgitta Riediger stellte das Leben von Johanna Salomon vor, die ihr Haus an der Hammer Straße unter Zwang verkaufen musste, und danach in den eigenen vier Wänden wie eine Fremde lebte.

Lea Grümme trug Ereignisse aus dem Leben von Frieda Salomon zusammen, die in der Schule diskriminiert worden war und nach ihrem Abschluss keine Lehrstelle bekommen hatte.

Das Schicksal von Jenny und Rudolf Seelig, die zum Heiraten nach Münster fahren mussten, da die Drensteinfurter Synagoge bereits verwüstet war, stellten Maria Tölle und Heinrich Angenendt vor.

Stellvertretend für den verhinderten Markus Diekhoff trug Erna Trojahn das Wenige zusammen, das heute über das Leben des Kaufmanns Siegmund Salomon bekannt ist, der als einer der letzten Vertreter der jüdischen Gemeinde dem Zwangsverkauf der Synagoge zustimmen musste.

Trojahn selbst ist Patin von Else Salomon, die das schmale Haushaltsbudget ihrer Familie mit gelegentlichen Näharbeiten aufbesserte und deren Nähmaschine in der Pogromnacht zerstört wurde.

Mit dem kurzen Leben der Fanny Irma Salomon, die nach 1938 nicht mehr die Drensteinfurter Volksschule besuchen durfte und vermutlich noch vor ihrem 16. Geburtstag umgebracht worden ist, hatte sich die Klasse 10 b der städtischen Realschule beschäftigt. Die Schüler waren zudem maßgeblich an der Vorbereitung der Gedenkveranstaltung beteiligt.

Kurt Omland dankte allen Beteiligten für das Zusammentragen der oft genug spärlichen Erinnerungen. „Einige Leben wurden so konsequent ausgelöscht, dass es heute nicht mal mehr ein Foto von ihnen gibt.“

Paten hatten die Lebensläufe der ermordeten Drensteinfurter Juden recherchiert und stellten sie im Rahmen der Gedenkveranstaltung vor.

Dr. Kurt Omland freute sich über die große Resonanz, auf die die Gedenkstunde gestoßen war. Fotos: -ani-

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