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Feuerwehr tabuisiert Pogromnacht

Über die Rolle der Feuerwehr in der Reichspogromnacht 1938 ist nicht viel bekannt. Der Historiker Thomas Köhler stellte die Ergebnisse seiner Forschungen vor.

Verfasst am 15. November 2012

Bis auf den letzten Platz war die ehemalige Synagoge am Freitagabend mit interessierten Zuhörern gefüllt, die gespannt dem Vortrag des Historikers Thomas Köhler über die Rolle der Feuerwehr in der Pogromnacht 1938 lauschten. Natürlich waren auch zahlreiche Feuerwehrmänner aus Drensteinfurt gekommen, um sich über die historischen Ereignisse zu informieren.

Bürgermeister Paul Berlage, der gemeinsam mit seinem Stellvertreter Josef Waldmann gekommen war, begrüßte alle Anwesenden „anlässlich des Gedenkens an die Pogromnacht“. Diese Veranstaltung solle einerseits an die schrecklichen Ereignisse des 9. November 1938 erinnern. Andererseits sei es das Anliegen der Stadt, die Räumlichkeiten der ehemaligen Synagoge mit Leben zu füllen. Sie sei ein „unverzichtbarer Ort der Geschichte und des Gedenkens der Stadt“.

Thomas Köhler, der in Drensteinfurt wohnt und unter anderem als Dozent an der Universität Münster arbeitet, präsentierte die Ergebnisse seiner Forschung über die Rolle der Feuerwehr in der Region Westfalen-Lippe während des Novemberpogroms. Er begann seinen Vortrag damit, die Verstaatlichung des Feuerwehrwesens in der NS-Zeit zu erläutern. Ein entsprechendes „Gesetz über Feuerlöschwesen“ vom 15. Dezember 1933 sei erlassen worden.

Im weiteren Verlauf ging er dann auf die Nacht des 9. November 1938 ein, in der die Feuerwehr lediglich die Ausbreitung der Synagogen-Brände verhindern sollte. Nur die sogenannte „arische Volksgemeinschaft“ sollte dabei geschützt werden. Beispiele dafür waren die Wehren aus Münster, Rheine und Ahaus. In diesen Orten wollten die Feuerwehrmänner die Brände löschen, wurden aber durch Sympathisanten des NS-Regimes davon abgehalten.

Das Misstrauen gegenüber die Feuerwehr war von Seiten der Nationalsozialisten sehr groß, weshalb „die Kontrolle in der Nacht des Pogroms immer extremer wurde“, berichtete Thomas Köhler.

Erörtert wurde auch der Frage, wie die Feuerwehren mit ihrer Vergangenheit zur Zeit des Nationalsozialismus umgehen. In viele Fest- und Jubiläumsschriften werden die Ereignisse des 9. und 10. November 1938 noch bis heute tabuisiert. In weiten Teilen werde zudem lediglich „die heroische Rolle der Feuerwehr“ dargestellt, so Thomas Köhler.

Der Historiker berichtete anschaulich über die Pogromnacht, „damit all diese Erinnerungen, ob in Schriften oder Reden tabuisiert, nicht verloren gehen“.

Quelle: WN

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