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Zentralrat der Juden warnt vor Vernachlässigung der NS-Gedenkstätten

In NRW leiden vor allem die kleineren Gedenkstätten an Unterfinanzierung und schlechter Ausstattung

Verfasst am 15. November 2007

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert mehr Geld für die Gedenkstätten zum Nationalsozialismus. Vizepräsident Salomon Korn warf der Bundesregierung in einem Gespräch mit der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" vor, sich nicht genug um den Erhalt der Erinnerungsorte zu kümmern. "Die Gedenkstätten des Nationalsozialismus leiden ja seit Jahren an Unterfinanzierung. Wenn in Buchenwald 50 Prozent der angefragten Führungen wegen Personalmangels abgesagt werden, dann frage ich mich, wo ist das Interesse des Bundes, Erinnerung wach zu halten und Aufklärung weiter zu betreiben?". Es dürfe nicht sein, so Korn, "dass die Politik und übrigens auch Teile der einst profitierenden deutschen Wirtschaft ihre geschichtliche Verantwortung nicht wahrnehmen".

Korn spricht sich im Zusammenhang mit der Diskussion über ein Denkmal für die deutsche Einheit sowie DDR-Gedenkstätten dafür aus, die NS-Erinnerung bevorzugt zu finanzieren: "Da die Zeitzeugen des Nationalsozialismus in Kürze abtreten, die der DDR hingegen noch lange leben werden, muss man jetzt Prioritäten setzen. Für beides gleichzeitig ist offensichtlich nicht genug Geld da."

Als "fromme Präambel" kritisiert Korn die Absichtserklärung des Bundes, die nationalsozialistischen Verbrechen nicht relativieren und die DDR nicht bagatellisieren zu wollen: "Hier werden Nationalsozialismus und SED-Diktatur gleichrangig behandelt." Das eine werde mit dem anderen gleichgesetzt. Korn sieht darin eine Verharmlosung des Faschismus. "Das Bedürfnis wächst, sich auf SED-Unrecht zu konzentrieren, um das Nationalsozialistische zu kompensieren."

Alfons Kenkmann, Vorsitzender des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen bestätigt die Finanzprobleme der Erinnerungsorte. Allerdings weist er darauf hin, dass ein enormer Unterschied zwischen den gut ausgestatteten großen Gedenkstätten und jenen ohne deutschlandweit bekannten Namen bestehe. "Die eklatante Unterfinanzierung der kleineren NS-Gedenkstätten wird besonders in einem Bundesland ohne große, überregional bekannte KZ-Gedenkstätte deutlich. Das ist in Nordrhein-Westfalen zu beobachten." Zu schnell konzentriere sich die öffentliche Diskussion nur auf die viel beachteten NS-Gedenkorte und übersehe dabei die breite Basis der Gedenkstättenlandschaft in Deutschland.

Als Lehrstuhlinhaber an der Universität in Leipzig kennt Alfons Kenkmann auch die Probleme der DDR-Gedenkstätten. Da sie ebenfalls unter schlechter Ausstattung leiden, hält er ihre Unterstützung aus Mitteln des Bundes für berechtigt. Diese Unterstützung dürfe jedoch nicht auf Kosten der NS-Gedenkstätten gehen. Vor einer Konkurrenzsituation der Erinnerungsorte warnt der Vorsitzende des Arbeitskreises daher ausdrücklich: "Es darf nicht zu einer Situation kommen, in der die Gedenkstätten bei Fragen der Finanzierung gegeneinander ausgespielt werden."

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