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Unterbringung von Geflüchteten gibt Anlass zur Diskussion über die Nutzung von NS-Gebäuden

Die Stadt Schwerte bekam Anfang dieses Jahres eher ungewollte bundesweite und sogar internationale Aufmerksamkeit. Nachdem die Stadt beschlossen hatte, Flüchtlinge in einer Baracke auf dem Gelände der ehemaligen Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald unterzubringen, kam es zu Empörung von verschiedenen Seiten.

Verfasst am 21. März 2015

Den Vorwurf „geschichtsvergessen und unsensibel“[1] zu sein wies der Oberbürgermeister der Stadt Heinrich Böckelühr zurück. Er verteidigte die Entscheidung als sachgerecht und erklärte sie mit pragmatischen Gründen. Die Stadt habe kein Geld für Container und die Unterbringung in den Baracken sei besser als in Turnhallen, wo die Flüchtlinge gar keine Privatsphäre hätten, sagte der Bürgermeister auf einer Pressekonferenz Ende Januar. [2] Außerdem seien die nun als Flüchtlingsunterkunft genutzten Baracken erst in den 1950er Jahren errichtet worden, wie Nachforschungen des Westfälischen Denkmalamts zeigen.[3] Kritik für die Unterbringung von Flüchtlingen an diesem historisch belasteten Ort kommt von vielen Seiten, u.a. von Flüchtlingsorganisationen wie dem Flüchtlingsrat NRW. Das KZ Schwerte wurde 1944 im Reichsbahn-Ausbesserungs-Werk (RAW) Schwerte-Ost errichtet. Im RAW Schwerte-Ost wurden bei der Reparatur von Schadlokomotiven unter der Anleitung deutscher Vorarbeiter auch KZ-Häftlinge eingesetzt.[4]

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Der Umgang mit NS-Gebäuden wird nicht erst seit den Vorfällen in Schwerte diskutiert. Die unterschiedlichen Herangehensweisen wie mit belasteten Gebäuden umgegangen wird hängt nicht nur von dem aktuellen politischen Willen oder der Bereitschaft der Bevölkerung sich mit der eigenen Vergangenheit zu beschäftigen zusammen, sondern auch damit, um welche Art von NS-Gebäude es sich handelt. Handelt es sich um Prestigebauten, wie z.B. das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg steht vor allem die Frage im Raum, wie mit der „Aura“ und Imposanz dieser Gebäude umgegangen werden soll. Beginnen sie zu verfallen stellt sich die Frage, ob sie restauriert werden sollen oder dem Verfall preisgegeben werden.[5]

Bei anderen Täterorten steht mehr die Frage des Gedenkens und der Erinnerung im Zentrum. In vielen Gebäuden, in denen im Nationalsozialismus Menschen leiden mussten, befinden sich heute Gedenkstätten. Dies ist z.B. bei der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Dortmund oder dem NS-Dokumentationszentrum Köln der Fall. Bei beiden handelt es sich um ehemalige Gestapo-Gefängnisse.

Auch in Schwerte befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald ein Denkmal. Es ist vom Bildhauer Horst Wegener gestaltet und zeigt menschliche Skulpturen mit schreienden Gesichtern, die unter Bahnschienen liegen. Ein Ort für Erinnerung und Gedenken gibt es also auch hier. Dr. Stefan Mühlhofer, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Dortmund, verweist bei der Diskussion über die Unterbringung der Geflüchteten auf die richtige Kommunikation. Es sei wichtig im Vorfeld aufzuzeigen, warum die Stadt den Menschen an diesem Ort Unterkünfte zur Verfügung stellen will. Dies hätte in Schwerte Problemen vorbeugen können. Mühlhofer sieht bei der Debatte zudem die Frage nach einer menschenwürdigen Unterbringung im Zentrum und wie mit Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, umgegangen werden soll. Wenn in Schwerte derzeit keine menschenwürdigere Unterbringung zur Verfügung stehe, sei es besser die Geflüchteten in einer der Baracken wohnen zu lassen, bevor man gar keinen Platz für sie finde. Außerdem handele es sich nicht um eine Erstbenutzung des Geländes nach der NS-Zeit. Ein Kunstatelier und ein Kindergarten waren dort bereits für eine Zeit ansässig.

In Schwerte sind die 21 geflüchteten jungen Männer mittlerweile eingezogen. Der Arbeitskreis Asyl sucht noch nach einer Möglichkeit die Geschichte in verschiedenen Sprachen und für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen aufzubereiten.[6]



[1] <link http: www1.wdr.de studio dortmund themadestages fluechtlinge-in-kz-baracke100.html>

www1.wdr.de/studio/dortmund/themadestages/fluechtlinge-in-kz-baracke100.html

[2] <link http: www1.wdr.de studio dortmund themadestages fluechtlinge-in-kz-baracke100.html>

www1.wdr.de/studio/dortmund/themadestages/fluechtlinge-in-kz-baracke100.html

[3] <link http: www.zeit.de gesellschaft zeitgeschehen fluechtlinge-schwerte-kz>

www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/fluechtlinge-schwerte-kz

[4] <link http: www.schwerte.de stadtportrait historisches zeitgeschichtliches al-buchenwald.html>

www.schwerte.de/stadtportrait/historisches/zeitgeschichtliches/al-buchenwald.html

[5] <link http: www.zeit.de ns-architektur-albert-speer-verfallen seite-2>

www.zeit.de/2014/48/ns-architektur-albert-speer-verfallen/seite-2

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