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Seminar „Verunsichernde Orte - Pädagogik der Vielfalt“

Bericht vom Seminar „Verunsichernde Orte - Pädagogik der Vielfalt“ im Geschichtsort Villa ten Hompel am 1. und 2.November 2014

Verfasst am 13. November 2014

Trotz des laufenden Umbaus für die neukonzipierte Dauerausstellung in der Villa ten Hompel in Münster bot der Geschichtsort am ersten Novemberwochenende Räume und Gelegenheiten für eine fachliche Weiterbildung und einen kollegialen Austausch im Rahmen des zweitägigen Seminars „Verunsichernde Orte – Pädagogik der Vielfalt“.

Hildegard Jakobs, die stellvertretende Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, und Stefan Querl, stellvertretender Leiter des Geschichtsorts Villa ten Hompel, hatten dazu eingeladen, gemeinsam mit dem Seminarteam um die Kulturpädagogin Barbara Thimm und den Sonderpädagogen Christian Geißler inhaltliche und methodische Fragen der Gedenkstättenpädagogik zu diskutieren. Insgesamt 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Praxisfeldern Gedenkstätte, Synagoge und Museum waren dafür u.a. aus Düsseldorf, Bonn, Minden, Drensteinfurt und Dorsten angereist. Realisiert wurde das Angebot durch den Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten NRW mit der Förderung durch die ‚Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft’, durch die ‚Bundeszentrale für politische Bildung’ und durch das ‚Pädagogischen Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt’.

Das institutionsübergreifende Arbeitstreffen diente der methodischen Reflexion der gedenkstättenpädagogischen Praxis und Konzepte, insbesondere an den ‚kleineren’ Erinnerungsorten, und war darüber hinaus auch ein Vernetzungstreffen, das den kollegialen Austausch durch vielfältige Methoden ermöglichte. Das flexible Programm war dabei von der ersten Minute an auf die Erwartungen und Wünsche der Teilnehmenden bezogen und eröffnete unterschiedliche reflexive Perspektiven auf den vielfältigen Arbeitsalltag an den Gedenkorten in NRW.

Gleich zu Beginn konnten sich die Teilnehmenden im sogenannten ‚Diversity-Check’ mit ihrer eigenen Sensibilität für die oft heterogene Zusammensetzung ‚ihrer’ Besucherinnen- und Besuchergruppen auseinandersetzen. Die Methode diente zugleich einer Inaugenscheinnahme des personellen und institutionellen Selbstverständnisses: Wozu machen wir als Gedenkstättenpädagoginnen und –pädagogen das, was wir tun und was motiviert uns persönlich zu dieser Arbeit? Orientiert an den Maximen des Beutelsbacher Konsens wurde darüber hinaus rege über einen adäquaten Umgang mit Besucherinnen und Besuchern jenseits einer ‚Betroffenheitspädagogik’, als auch über die Eindringlichkeit und Relevanz der historischer Themen diskutiert. Zentrale Fragen waren unter anderem, wie neben institutioneller Diskriminierung auch Manipulationen vermieden werden können und eine transparente und überwältigungsfreie Form des Lernens ermöglicht wird. In einer weiteren Übung mit dem Titel ‚Mein Bild vom Nationalsozialismus’ wurde nach der Zusammensetzung des eigenen Geschichtsbewusstseins gefragt und offenbar, dass dieses sich oft aus vielerlei Versatzstücken speist, die ihrerseits mögliche Anschlussstellen für eine pädagogische Arbeit mit den Besucherinnen und Besuchern darstellen können. Das Stichwort lautete hier: ‚Andocken’ an das Geschichtsbewusstsein der Besucherin oder des Besuchers. Daneben wurden gemeinsame Problemlagen besprochen und Lösungsratschläge ausgetauscht. Beispielsweise indem die persönliche Toleranzgrenze gegenüber Grenzfällen des pädagogischen Alltags zum Gegenstand einer weiteren Gruppenübung wurde. Die Teilnehmenden konnten hierbei Extremsituationen aus ihrer eigenen Praxis darlegen und deren unterschiedliche Bewältigung kennenlernen.

Das Seminar wurde von allen Teilnehmenden als eine fruchtbare Gelegenheit gewürdigt. Insbesondere die im moderierten, kollegialen Gespräch liegende Gelegenheit, die Reflexionsperspektive auf die verunsichernden Aspekte der Gedenkorte zu richten und die Probleme und Potenziale der Gedenkstättenpädagogik in NRW zu fokussieren, wurde dankbar aufgenommen. Die ‚Verunsichernden Orte’ im Geschichtsort Villa ten Hompel konnten somit einen kleinen Beitrag dazu leisten, für die menschlichen und historischen Herausforderungen der NRW-Gedenkorte zu sensibilisieren und den Blick für eine ‚Pädagogik der Vielfalt’ zu schärfen.

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