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"Nicht ermittelt" - Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Historiker Stefan Klemp präsentiert Forschungsergebnisse in Oberhausen
Der Geschichtsprofessor Norbert Frei hat es auf den Punkt gebracht: Die Strafverfolgung von NS-Tätern in Westdeutschland war ein "Desaster". In seinem 2004 erschienenen Buch "Nicht ermittelt" belegt Stefan Klemp für die Täter aus den Reihen der Ordnungspolizei, wie diese selbst dann von der Strafverfolgung ausgenommen wurden, wenn Beweise für eine Beteiligung an Mordtaten vorlagen.
Am 17. Juni stellt er seine Forschungsergebnisse in einem Vortrag im Sitzungssaal 21 des Amtsgerichts Oberhausen vor.
Bereits im Nürnberger Prozess hatten die Westalliierten ein Modell geschaffen, wonach nur sogenannte "Haupttäter" verfolgt werden sollten. Nachdem diese in den 1950er Jahren reihenweise begnadigt worden waren, folgten zwar mit der Gründung der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zahlreiche neue Ermittlungen. Sie scheiterten aber weitgehend. Wie und warum so ermittelt wurde, erläutert Stefan Klemp mit Hilfe konkreter Beispiele, beim Vortrag in Oberhausen am Beispiel der Stadt aus dem Ruhrgebiet. Er zeichnet damit ein genaues Profil von der Ordnungspolizei während des Dritten Reiches im Allgemeinen und erhellt das Wirken der Polizeibataillone im Besonderen. Mit detektivischem Spürsinn hat Klemp Ermittlungsverfahren ausgewertet und dabei erhebliche Versäumnisse der Ermittler aufgedeckt.
Dr. Stefan Klemp ist Historiker und Journalist mit dem Spezialgebiet Ordnungspolizei und Nachkriegsjustiz. Mit seinem Buch "Nicht ermittelt - Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz" hat er 2004 ein neues Standardwerk über die gescheiterten Ermittlungsverfahren gegen Angehörige von Polizeibataillonen in Westdeutschland publiziert. Nach seinem Studium in Münster, einer Redakteurstätigkeit in Dortmund und der Promotion zum Thema Nationalsozialismus ist Klemp heute für das Simon Wiesenthal Center, den Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster und die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache in Dortmund tätig.
Der Vortrag in Oberhausen findet statt im Rahmen des Geschichtsprojekts von "Mauern und Menschen", das die Oberhausener Polizeipräsidentin Heide Flachskampf-Hagemann im vergangenen Jahr ins Leben gerufen hat. Für das Projekt hat NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf die Schirmherrschaft übernommen. Inhalt des Geschichtsprojektes ist die Auseinandersetzung mit der wechselvollen Geschichte der Oberhausener Polizei im Spannungsfeld von Diktatur und Demokratie. Erst in den letzten Jahren wurde bekannt, in welchem Ausmaß sich auch Polizeibeamte nach 1933 zum Instrument des Nationalsozialismus haben machen lassen und an Verbrechen beteiligt waren. Nur wenn wir uns mit den Tatsachen auseinandersetzen und die Hintergründe beleuchten, können wir für die Zukunft derartigen Entwicklungen entgegentreten. Hierzu dient die polizeiinterne und öffentliche Diskussion, die das Geschichtsprojekt anstoßen möchte. Partner des Geschichtsprojektes sind die, Dokumentations- und Forschungsstelle Polizeigeschichte, das Archiv der Stadt Oberhausen, das Elsa-Brändström-Gymnasium, die Gedenkstätte Schloß Oberhausen, die VHS Oberhausen, die Denkmalbehörde sowie die Geschichtswerkstatt.
Eine weitere Vortragsserie von drei Vorträgen in Kooperation der Polizei Oberhausen mit der VHS und der FHöV NRW findet von September bis November 2008 statt:
23. September 2008, 19.00 Uhr
Zur "weltanschaulichen Erziehung" der Ordnungspolizei im NS-Staat
Referent: Thomas Köhler, Drensteinfurt. Köhler ist Historiker und freier wissenschaftlicher Mitarbeiter der
Villa ten Hompel, u.a. im aktuellen Projekt "Sonderzüge in den Tod. Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn".
21. Oktober 2008, 19.00 Uhr
Polizisten aus Oberhausen im nationalsozialistischen Vernichtungskrieg
Referent: Martin Hölzl, Berlin
18. November 2008, 19.00 Uhr
Sozialpsychologische Erklärungen
Referent: Prof. Dr. Harald Welzer, Witten/Herdecke
Für den Vortrag "Nicht ermittelt" ist eine Anmeldung unter Telefon: 0208 8586-235 erforderlich.
Rückfragen an:
Hr. Deitermann
Präsidialbüro PP OB
Tel.: 0208 826-2227
Fax: 0208-826-2229
pressestelle.oberhausen @polizei.nrw.de
Veranstaltungsort:
Amtsgericht Oberhausen, Sitzungssaal 21
Friedensplatz 1, 46045 Oberhausen
Anfahrt:
Das Amtsgericht Oberhausen befindet sich im Innenstadtbereich, in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes Oberhausen.

