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Leseempfehlung: Rechtsextremismusprävention und Demokratieerziehung durch Gedenkstätten und Kriegsgräber?

Im aktuellen Lernen aus der Geschichte- Magazin fragen auch AK-Mitglieder, wie NS-Gedenkstätten dem Einsatz gegen Rechts dienen können

Verfasst am 03. April 2012

Die Märzausgabe des Lernen aus der Geschichte- Magazins widmet sich der Frage, ob und wie historisch-politische Bildung der Rechtsextremismusprävention dienen kann. In den Medien oder der öffentlichen Diskussion trifft man häufiger auf die Hoffnung, ein Gedenkstättenbesuch oder andere Formen der Auseinandersetzung mit dem Holocaust könnten Rechtsextreme in ihrer Weltanschauung positiv beeinflussen. Dahingegen weisen Wissenschaftler vom Fach solche Erwartungen mehrheitlich zurück.

Wie können wir an Gedenkstätten "aus der Geschichte lernen"?

Als Experten melden sich hier nun auch Heiko Klare und Michael Sturm zu Wort: Sie betreiben die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, für Demokratie im Regierungsbezirk Münster „mobim“ in einem NS-Geschichtsort, der Villa ten Hompel in Münster. In ihrem Beitrag beschreiben sie die Rahmenbedingungen, in welchen historisch-politische Bildung ein kritisches Geschichtsbewusstsein schaffen kann. Dieses könne unter Umständen einen Beitrag zur Rechtsextremismusprävention leisten. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Konfrontation mit den nationalsozialistischen Gräueltaten nur selten zu einem Gesinnungswandel führt und Gedenkstätten sich ja oft auch nicht vordergründig als Orte der Umkehr verstehen wollen, fragen die Autoren, warum man nicht direkt „aus der Geschichte lernen“ kann. Schlaglichtartig stellen sie dann vor, wie NS-Gedenkstätten und –Erinnerungsorte dennoch in der Lage sind, ein historisch-kritisches Geschichtsbewusstsein zu vermitteln, welches sich beispielsweise durch perspektivische Pluralität auszeichnet.

Heißt mehr Wissen über Nationalsozialismus weniger Rechtsextremismus?

Der Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Dortmund, Dr. Stefan Mühlhofer, stellt plausibel dar, dass mehr Wissen über den Nationalsozialismus nicht  zwangsläufig zu weniger Rechtsextremismus führt. In einer spannenden Einleitung verknüpft er den historischen Entstehungskontext erster Erinnerungsorte mit der gegenwärtigen Situation, in der mehr als 10% der Gesellschaft ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben und nicht  erst zuletzt zu viele Menschen Opfer von rechtsterroristischen Morden wurden. Dennoch sei dir Arbeit in den Gedenkstätten trotz dieser traurigen Einsicht nicht gescheitert. Denn ihre Wirkung entfaltet  sich in zweierlei Hinsicht, so der Autor: Auch wenn menschenverachtende Einstellungen gegenüber Minderheiten nicht völlig bekämpft wurden, haben offen rechtsextreme Parteien in Deutschland aktuell keinen wirklichen Einfluss. Die Aufgabe von NS-Gedenkstätten und –Erinnerungsorten versteht Mühlhofer aber noch viel weiter gefasst: In besonderem Maße können sie der Gesellschaft die historische Rolle der Deutschen im „Zivilisationsbruch Auschwitz“ verdeutlichen. Denn der Holocaust fand nicht nur in ganz Europa, sondern eben auch direkt vor der eigenen Haustür statt!

Nicht nur von dieser Erkenntnis kann die hohe Wichtigkeit von lokalen Einrichtungen abgeleitet werden, wie sie im Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten und –Erinnerungsorte verbunden sind!

Wie kann an Kriegsgräbern Geschichtsrevisionismus entgegnet werden?

Schließlich beschreibt Dr. John Cramer, Historiker und Schul- und Bildungsreferent beim VdK, an einem konkreten Beispiel, wie der auch im Arbeitskreis vernetzte Volksbund für deutsche Kriegsgräberfürsorge (VdK) gegen so genanntes Heldengedenken und Geschichtsrevisionismus arbeitet. Um historischer Verklärung, falschem Gedenken oder der Entstehung von rechtsextremen Pilgerstätten entgegen zu treten, hat der VdK beispielsweise gemeinsam mit Jugendlichen Erinnerungstafeln erstellt, die die Grabstätten „informativ besetzen“ und damit die Geschichte verfälschenden Mythifizierungsbestrebungen von Rechtsradikalen verhindern. Letztlich hat es sich der VdK ja auch ganz grundsätzlich zur Aufgabe gemacht, der Öffentlichkeit die einfache wie traurige Wahrheit zu vermitteln, dass das Sterben im Krieg so gar nichts Heldenhaftes hatte, sondern in jedem einzelnen Fall grausam, qualvoll und absolut sinnlos war.

Diese und weitere Beiträge finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Lernen aus der Geschichte-Magazins (03/12), online verfügbar unter: <link http: lernen-aus-der-geschichte.de lernen-und-lehren magazin>

lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/Magazin/10201

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