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Jahresrückblick 2018

Der Arbeitskreis blickt auf ein Jahr zurück, in dem viele fruchtbare Netzwerke aufgebaut und die Zusammenarbeit zwischen den Gedenkstätten vertieft wurden. Neben Kooperationen auf regionaler und internationaler Ebene sind die Gedenkstätten und Erinnerungsorte weiterhin lokal verankert und so wichtige Einrichtungen für Bildung und Forschung.

Die Vertretung in der Landesregierung und der Austausch mit Staatssekretär Klaus Kaiser sind ein Gewinn für den Arbeitskreis.

Gleichzeitig ist zu betonen, dass insbesondere Ehrenamtliche eine Vielzahl von lokalen Projekten, Ausstellungen und pädagogischen Angeboten tragen. Sie leisten einen besonders wertvollen Beitrag für die Arbeit der Gedenkstätten und Erinnerungsorte.

Verfasst am 02. Januar 2019

Bereits 2017 war ein Jahr, in dem die Gedenkstätten und Erinnerungsorte in NRW zahlreiche neue Projekte und Kooperationen schufen und frühere Projekte weiterentwickelten. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Thematik „Geflüchtete in Gedenkstätten“ beispielsweise mit Projekten in Münster, Dortmund, der Wewelsburg und der IP Vogelsang. Das Kooperationsprojekt „Willkommensstätten“ lief zu Beginn des Jahres 2018 aus.

Besonders erwähnenswert ist 2018 der Austausch mit dem Center for Educational Training Tel Aviv und der International School of Holocaust Studies von Yad Vashem.

Besucherrekord von 2017

Die Gedenkstätten starteten mit einem Rekord an Besucher_innen in das Jahr 2018. Die Anzahl von Besuchen in Gedenkstätten des Arbeitskreises war 2017 erfreulicherweise noch höher als die bislang höchste Zahl von 2016. Über 356000 Besuche fanden im Jahr 2017 statt. Die meisten Besucher und Besucherinnen kamen in Gruppen. Darüber hinaus fanden 6500 Führungen und 1630 Seminare statt.

Prof. Dr. Alfons Kenkmann, Vorsitzender des Arbeitskreises, bewertete dies als positives Zeichen für die Rolle der Gedenkstätten als Bildungsträger. Gleichzeitig mahnte er an, die finanzielle Förderung der Gedenkstätten sei unerlässlich, um diese Aufgabe angemessen wahrnehmen zu können.


Förderung von Gedenkstättenbesuchen durch das Land NRW

Schulen können seit 2018 beim Land NRW finanzielle Förderung für Gedenkstättenbesuche beantragen. Dies stellte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer auf dem Studientag „Erziehung nach Auschwitz“ für Lehrerkräfte in Aussicht. Ziel der Förderung sei, allen Schüler_innen einen Gedenkstättenbesuch zu ermöglichen. Die Ministerin würdigte die Gedenkstätten und Erinnerungsorte des Arbeitskreises als zentrale Akteure der außerschulischen Bildungsarbeit.

Während weiterhin Debatten um Pflichtbesuche in Gedenkstätten geführt werden, zeigt sich hier ein anderer Ansatz, indem die finanzielle Förderung zunächst die Chance eines Gedenkstättenbesuchs für Schüler und Schülerinnen schaffen soll.


Erste Besuche von Staatssekretär Klaus Kaiser in Gedenkstätten

Seit dieser Legislaturperiode haben die Gedenkstätten in NRW eine Vertretung in der nordrhein-westfälischen Landesregierung: Zu Beginn seiner Amtszeit kündigte Klaus Kaiser, Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft, an, alle 28 Gedenkstätten in NRW zu besuchen. Im September 2018 fand der Auftakt mit Besuchen des Humberghauses in Dingden und der Villa ten Hompel in Münster statt. Daran schlossen sich Besuche des NS-Dok und des Lern- und Gedenkorts Jawne in Köln, der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, der Begegnungstätte Alte Synagoge in Wuppertal, des Instituts für Stadtgeschichte in Gelsenkirchen und der Villa Merländer in Krefeld an.

Klaus Kaiser betonte, die Arbeit der Gedenkstätten sei aufgrund antisemitischer Übergriffe wichtiger denn je. Über die Geschichte der Orte hinaus dient die Besuchsreihe dem Austausch mit Vertreter und Vertreterinnen der Gedenkstätten über aktuelle Herausforderungen in ihrer Arbeit. 2019 blickt der Arbeitskreis weiteren Besuchen entgegen, die auf der Website <link https: www.mkw.nrw demokratie-leben erinnerungskultur-staerken external-link-new-window>„Karte der Erinnerung“ veröffentlicht werden.


Fortsetzung der Kooperation mit Bildungspartnern in Israel

Ein Höhepunkt war 2018 eine Tagung in Tel Aviv Ende Oktober. An dem Treffen nahmen eine Delegation des Arbeitskreises, bestehend aus Gedenkstättenpädagog_innen, und deren Kollegen und Kolleginnen aus Israel teil.

Sie tauschten sich über digitale Angebote zur deutsch-israelischen Geschichte und der Migration zwischen beiden Ländern aus. Die International School for Holocaust Studies Yad Vashem hatten diese Materialen gemeinsam mit der deutsch-israelischen Schulbuchkommission und dem Center for Educational Training Tel Aviv, in Austausch mit den Gedenkstätten in NRW, entworfen.

Jeweils für Deutschland und Israel wurden so zweisprachige digitale Angebote für den Schulunterricht und darüber hinaus entwickelt.

Die vorgestellten Materialien zeigen differenziert, dass deutsch-jüdische Migrationsgeschichten sich nicht allein um die Shoah drehen. Die Schüler_innen können beispielsweise über das Luxemburger Abkommen und die Einwanderungswelle in den neu gegründeten Staat Israel lernen.

Zusammen mit dem German Desk an der Gedenkstätte Yad Vashem arbeiteten die Kollegen und Kolleginnen aus dem Arbeitskreis an padägogischen Materialien zu den Verbrechen in Bialystok 1941 und die Ermordung der dortigen jüdischen Bevölkerung. Diese legen einen Schwerpunkt auf die Handlungsspielräume einzelner Personen, indem sowohl Verfolgte als auch Täter in den Blick genommen werden.

Die Mitglieder der Schulbuchkommission übten so konstruktive Kritik an Schulbüchern, die derzeit in Deutschland verwendet werden. Diese fokussierten sich in erster Linie auf die Shoah und ließen so wichtige Elemente deutsch-israelischer Geschichte außer Acht. Auch eine ausschließliche Fokussierung auf Israel als Kriegspartei im Nah-Ost-Konflikt sei aus Sicht der Tagungsleitung höchst problematisch.

Unter welchen Bedingungen die Materialien möglicherweise im Schulunterricht eingesetzt werden können, hängt unter anderem von Fragen des Datenschutzes, aber auch von der ausreichenden Ausstattung mit technischen Geräten ab.


Gedenken zum 9. November in den Gedenkstätten in NRW

In zahlreichen Städten in NRW fanden Gedenkveranstaltungen zu den Novemberpogromen 1938 statt.

Am 9. November 2018 jährte sich die Pogromnacht zum 80. Mal. Die Gedenkstätten und Erinnerungsorte organisierten, häufig in Kooperation mit jüdischen Gemeinden und Vereinen, Gedenkveranstaltungen. Ebenso beteiligten sich viele Schulen am Gedenken an die antisemitischen Gewalttaten.


Darüber hinaus fanden verschiedene Lesungen, Vorträge, Konzerte und Filmvorführungen statt. Unter anderem wurde in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf der Dokumentarfilm ROADS über die Verfolgung der Düsseldorfer Familie Jacoby gezeigt, mit einem Gespräch mit der Regisseurin Jessica Jacoby.

Das Kreismuseum Wewelsburg zeigte Formen der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Novemberpogromen: die Ausstellung „Wewelsburg zwischen Gestern und Heute – gegen das Vergessen“ der Paderborner Gruppe „Artic“ und die Lichtinstallation „Niedergebrannt, verhaftet, verschleppt – Die jüdische Gemeinde in Salzkotten“ von Schülern und Schülerinnen der Salzkottener Gesamtschule.

Die Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal richtete eine mehrwöchige Veranstaltungsreihe zur Verfolgung der jüdischen Menschen in Wuppertal aus. Zahlreiche Vorträge, Lesungen, Buchvorstellungen und Konzerte näherten sich dem Thema.


Dies sind nur drei Beispiele aus einer langen Reihe von Gedenkveranstaltungen, die in oder mit Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen um den 9. November 2018 stattfanden.


Entwicklungen im Arbeitkreis

Im Juni bestätigten die Mitglieder des Arbeitskreises auf ihrer Versammlung einstimmig den ehrenamtlich tätigen Vorstand unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Alfons Kenkmann.

Daneben konnte der Arbeitskreis im Juni vier neue Mitglieder begrüßen, da sowohl das Humberghaus in Dingden als auch die Villa Merländer in Krefeld neue Leiter_innen haben, ebenso erhielt die Französische Kapelle in Soest eine persönliche Vertretung im Arbeitskreis. Die Gedenkstätte Brauweiler ist als neues Mitglied dem Arbeitskreis beigetreten.

Während der Arbeitskreis beständig wächst und viele Gedenkstätten an Projekten arbeiten, ist das Fortbestehen der Französischen Kapelle in Soest als Erinnerungsort weiterhin unsicher. Derzeit befindet sich das Kasernengelände im Umbau, 2020 soll die Gedenkstätte wiedereröffnet werden. Wie der Ort aus der Umstrukturierung hervorgeht, ist abzuwarten.


Gedenkstätten als Vermittlerinnen der historisch-politischen Bildung

Zuletzt möchten wir auf die Kooperationsprojekte hinweisen, die im Jahr 2018 in NRW entstanden sind. Die Gedenkstätten und Erinnerungsorte nehmen hier häufig ihre Rolle in der historisch-politischen Bildungsarbeit wahr und thematisieren Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und aktuelle Debatten um Erinnerungskultur und -praxis.

Veranstaltungen wie die Vortragsreihe „Zur Bekämpfung des Antiziganismus heute“ (Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie und Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung) oder die Tagung „Erinnerungspädagogik nachhaltig gestalten“ (Jüdisches Museum Westfalen, Kommunales Integrationszentrum Recklinghausen, Willkommensstätten) – sind Beispiele hierfür.

Zwei Kooperationen, die im Jahr 2018 entstanden sind, werden auch weiterhin Teil der Gedenkstättenlandschaft in NRW sein:

Die Erinnerungsorte IP Vogelsang und NS-Dok in Köln entwickelten das Projekt „Perspektiven wechseln – Position beziehen“, an dem 2018 erstmals Gruppen von Schülern und Schülerinnen teilnahmen. Während der Exkursionen schlagen die Teilnehmer_innen den Bogen von den historischen Orten zu gegenwärtigen Formen der Erinnerung, sowie zu Geschichtsdeutungen in der extremen Rechten und aktuellen Formen von Rassismus.

Von verschiedener Seite wurden in den letzten Jahren neue Projekte und Konzepte zur Prävention von Antisemitismus gefordert – etwa auf dem Studientag „Erziehung nach Auschwitz“.

Im Sommer 2018 startete ein Pilotprojekt, das sich eben jener Aufgabe annimmt. In Zusammenarbeit des Jüdischen Museums Westfalen mit der Villa ten Hompel arbeitet ein Team von Teamern und Teamerinnen an Methoden zur Antisemitismuskritik. Gefördert wird das Projekt von der Landeszentrale für politische Bildung. Ein Bericht auf unserer Website zu den ersten Workshops folgt demnächst.


Die Kooperation zur Antisemitismuskritik ist ein Beispiel, wie die Erinnerungsorte in NRW ihre Zusammenarbeit stärken, und gleichzeitig auf lokaler Ebene als außerschulische Bildungsorte wirken. Gleichzeitig kristallisierte sich Antisemitismus aufgrund aktueller antisemitischer Gewalttaten als eines der Kernthemen heraus, das die Gedenkstätten in der Bildungsarbeit in den Blick nehmen.

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