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Hindenburgplatz in Münster abgelehnt – Folgen bald andere Städte in NRW? Prof. Dr. Alfons Kenkmann, der Vorsitzende des Arbeitskreises, bringt gemeinsam mit anderen Historiker-Kollegen seit diesem Jahr die Debatte voran
Bis März 2012 war der zweitgrößte innerstädtische Platz Europas vor dem Schloss in Münster nach Hindenburg benannt. Seitdem heißt er Schlossplatz. Letzten Sonntag haben 59,4% der Bürger in der Stadt des westfälischen Friedens im Bürgerentscheid gegen eine Rückbenennung entschieden nach dem Anti-Demokraten und Militaristen, der vielen als „Steigbügelhalter Hitlers“ bekannt ist. Landesweit reagierten die Medien auf das Ergebnis. So schrieb die Rheinische Post zum Beispiel, das Abstimmungsergebnis „sollte (…) die Öffentlichkeit zumindest zum Nachdenken anregen.“
Zuvor hatten hitzige Debatten zwischen Hindenburgbefürwortern und –gegnern für überregionale Schlagzeilen gesorgt. Auslöser war die Empfehlung einer Expertenkommission, der Stadtrat solle den Hindenburgplatz umbenennen und darüber öffentlich diskutieren. Dieser unabhängigen Kommission gehörte in ehrenamtlicher Funktion auch Prof. Dr. Alfons Kenkmann, Vorsitzender des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und –Erinnerungsorte in NRW, an.
Auch andere Straßennamen auf dem Prüfstand
Weil Straßennamen nicht nur eine Lokalisierungsfunktion, sondern auch einen Erinnerungsauftrag haben, standen weitere Schilder in Münster auf dem Prüfstand. Weil die so geehrten Personen auch Vorbild für das städtische Zusammenleben sein sollen, gaben Prof. Dr. Alfons Kenkmann und seine Kollegen in den Fällen, wo eindeutige aktive Teilhabe am Nationalsozialismus nachgewiesen wurde, die Empfehlung für Umbenennung. Kürzlich wurde deshalb in Münster unter anderem der Jötten-Weg umbenannt. Er ehrte bisher einen Mediziner, der die menschenverachtende, pseudowissenschaftliche „Rassenhygiene“ der Nationalsozialisten förderte. Nun ist die Straße nach Paul Wulff, einem Leidtragenden dieser Verbrechen und unermüdlichem Kämpfer für die Aufarbeitung des NS-Unrechts, benannt.
Weitere bekannte Namen waren Anlass für Debatten. Während sich Lünen für die Umbennenung der Agnes-Miegel-Straße aussprach, gab es in Homberg bei Ratingen entsprechenden Protest bei dem Beschluss. Seit diesem Schuljahr heißt die Karl-Wagenfeld-Schule in Arnsberg Graf-Gottfried-Schule, in Essen ist ein Bürgerbegehren gegen das Votum einer Bezirksvertretung im Gang, die Von-Seeckt- und die Von-Einem-Straße umzubenennen. Die beiden Generaloberste taten sich in den 1920er Jahren immer wieder als antidemokratische Republikfeinde hervor.
Was passiert nun mit anderen Hindenburgstraßen und –plätzen?
Insgesamt tragen über 400 Straßen, Plätze oder andere Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet allein den Namen Hindenburgs. In Essen, Viersen, Remscheid und Wuppertal findet man Hindenburgstraßen, in Bonn ist auch ein Platz nach ihm benannt. Münsters Weg von einer fundierten, wissenschaftlichen Analyse durch Experten über eine öffentliche Auseinandersetzung bis zum politischen Verfahren kann anderen Kommunen nun ein Vorbild sein, mit der eigenen Erinnerungskultur umzugehen. Die Empfehlungen der Kommission „Straßennamen“ um Prof. Dr. Alfons Kenkmann sind öffentlich über die Seiten der Stadt Münster zugänglich und helfen auch anderen Städten bei der Entscheidungsfindung.

