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Erinnern heißt Menschenwürde wahren Pilotprojekt der Villa ten Hompel zum Gedenken an Paul Wulf und weitere Opfer von NS-Medizinverbrechen
Paul Brune schildert eigene Erfahrungen
Wortführer des Protestes gegen den Kranken- und Behindertenmord wie Münsters Bischof Clemens August Graf von Galen kamen an dem besonderen Thementag ebenso zur Sprache wie brisante Bezüge und Tabubrüche bis in die jüngste Gegenwart hinein - beispielsweise zu Folgen von Gewalt und sexuellen Übergriffen, zu Ausgrenzung und Entmündigung, die auf bedrückende Weise der 75-jährige Paul Brune aus eigener Erfahrung schilderte.
Paul Brune und Paul Wulf waren nicht nur bis zum Tode Wulfs am 3. Juli 1999 miteinander recht gut befreundet, sondern hatten beide lange und sehr hart mit Behörden und Politik um die Anerkennung als NS-Verfolgte ringen müssen. Bei Paul Brune hatte sich der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) schließlich in aller Form für das in Kliniken und Heimen erlittene Unrecht entschuldigt und sein Schicksal in einem Film für das LWL-Medienzentrum für Westfalen sorgsam dokumentieren lassen.
Positive Wandlung der Erinnerungskultur
"Beides war mehr als eine bloße Geste und auch keineswegs allein eine Frage von Hilfe in Form rechtlich geregelter Entschädigung", unterstrich vor den Schülern Stefan Querl vom Team der Villa ten Hompel. Auch die Tatsache, dass die Paul-Wulf-Skulptur mit ihrem symbolstarken "Plakatebauch" schlussendlich am Servatiiplatz aufgestellt worden sei, könne als eines von vielen ermutigenden Beispielen dafür gelten, dass sich die deutsche Gesellschaft und ihr Umgang mit den NS-Verbrechen und der Vergangenheit positiv, nämlich selbstkritisch und geschichtsbewusstgewandelt habe.
Erinnern müsse auch immer die Wahrung von Menschenwürde einschließen
Oberbürgermeister Markus Lewe habe es sich vor gut vier Wochen nicht nehmen lassen, selbst an der Übergabe der Skulptur teilzunehmen, das bürgerschaftliche Engagement und auch die Spendenbereitschaft für das Werk der Künstlerin Silke Wagner zu loben. Selbst in der turbulenten Phase, als noch heftig um den Standort, die Finanzierung und den Erhalt des regionalhistorischen Beitrags zur Skulptur 2007 gerungen worden sei, habe die Wertschätzung für das Erinnern und Gedenken an NS-Opfer nicht nachgelassen, erfuhren die extra angereisten Gäste Münsters aus der Gesamtschule Hüllhorst im Kreis Minden-Lübbecke. "Über alle politischen Lager hinweg gibt es einen Konsens der Demokraten in unserer Stadt, dass Erinnern immer auch die Wahrung von Menschenwürde einschließen muss - auch dann, wenn über konkrete Konsequenzen und Lehren aus der Geschichte vielleicht noch gestritten wird." Respektlos seien dagegen die mutwilligen und anonymen Beschädigungen an der Skulptur, so der Abbruch des Brillengestells oder das Zerreißen von Plakaten, gegen die sich nicht nur der Freundeskreis Paul Wulf in Münster massiv verwahre.
Schüler zeigen sich beeindruckt
Hohen Respekt zollten die Schüler in eigenen Worten Paul Brune, der sogar sensiblen Fragen zu seiner Biographie nicht auswich. Noch Jahrzehnte nach Kriegsende hatte die Patientenakte aus der NS-Zeit den angeblichen "Psychopathen" regelrecht verfolgt und schließlich seine Pläne, Lehrer zu werden, völlig zunichte gemacht. Dem Kranken- und Behindertenmord unter dem Hakenkreuz entging Brune nur knapp. Er musste Missbrauch ebenso wie Schläge und den Einsatz von "Zwangsjacken" ertragen und damit bereits als kleiner Junge alleine fertig werden.
Mehr über Projektangebote, über den Aufklärer Paul Wulf und über Paul Brune in der Villa ten Hompel oder als Lektüre im www.uwz-archiv.de

