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Der Arbeitskreis tagte in Soest, um die von der Schließung bedrohte Gedenkstätte vor Ort zu unterstützen

Eines der Hauptthemen auf der Mitgliederversammlung war die wegen mangelnder Unterstützung vor der Schließung stehende Geschichtswerkstatt Französische Kapelle in Soest.

Verfasst am 24. April 2013

Diese Woche trafen sich auf Einladung des Vorstandes um Prof. Dr. Alfons Kenkmann die Mitglieder des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte in Soest in der Geschichtswerkstatt Französische Kapelle in Soest. Der Ort wurde dabei ganz bewusst gewählt, denn der Arbeitskreis wollte ein Zeichen der Solidarität für den wegen ausbleibender kommunaler Unterstützung vor der Schließung stehenden Erinnerungsort an Verfolgte des NS-Regimes in Soest setzen.

Zuerst standen noch andere Themen auf der Tagesordnung: Björn Dzieran, langjähriger freier Mitarbeiter der Gedenkstätte für die Bonner Opfer des Nationalsozialismus, und Matthias Wagner von den Ge-Denk-Zellen im alten Rathaus Lüdenscheid, werden herzlich als neue Mitglieder des Arbeitskreises begrüßt. Damit sind in dem nordrhein-westfälischen Netzwerk nun 49 Personen miteinander verbunden.

Anschließend berichtete Prof. Dr. Alfons Kenkmann von seiner Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz, auf der der Vorsitzende neben einer Schülergruppe auch die NRW-Bildungsministern Silvia Löhrmann begleitete. Anlässlich dieser Fahrt konnte er ein wichtiges Anliegen des Arbeitskreises erneut vorbringen, die hier vernetzten Gedenkstätten intensiv in die Ausbildung von Pädagogen zur Begleitung solcher Fahrten zu integrieren, da genau hier – in den lokalen Erinnerungsorten – das für solche Bildungsangebote erforderliche Wissen und die Erfahrung gebündelt vorhanden sind. Prof. Dr. Kenkmann blickte hoffnungsvoll in die Zukunft, die einen engen, für beide Seiten lohnenden Austausch zwichen dem Arbeitskreis und der Landespolitik verspricht.

Darüber hinaus tauschte sich das Gedenkstättenpersonal sowohl der finanziell kleineren wie größeren Einrichtungen über Fördermöglichkeiten aus. Erneut wurde festgestellt, dass die Gedenkstätten im bevölkerungsreichsten Bundesland im Vergleich zu den anderen Ländern auf der Liste der Gesamtförderungen ganz weit unten stehen. Dabei bräuchte gerade die einzigartige, vielfältige Gedenkstättenlandschaft in NRW eine dauerhafte, Planungssicherheit gewährleistende Unterstützung, um die bisher geleistete Arbeit sichern und fortsetzen zu können.

Deutlich wurde bei der Mitgliederversammlung des Arbeitskreises an dieser Stelle noch einmal, dass gerade die kleineren, besonders förderungswürdigen und größtenteils ehrenamtlich am Leben erhaltenen Gedenkstätten intensiv durch staatliche Stellen wie die Kommunal- und Landesverwaltung unterstützt werden müssen, um mindestens die laufenden Kosten decken zu können.

Eine dieser akut gefährdeten Einrichtungen ist die gastgebende Geschichtswerkstatt Französische Kapelle in Soest. Seit 15 Jahren bemühen sich ehrenamtliche und engagierte Soester Bürger auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne und des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers für französische Offiziere im 2. Weltkrieg einen Erinnerungsort dauerhaft zum Gedenken an Häftlinge und als Ort des Lernens beispielsweise für Soester Schulklassen zu etablieren. Eine Unterstützung seitens der Stadt wäre wünschenswert und ist angesichts der aktuellen Notlage in der Gedenkstätte absolut notwendig, so der Eindruck des Vorstandes bei der Begehung der Räumlichkeiten.

In ehemaligen Schlafräumen der französischen Kriegsgefangenen zeigt eine Ausstellung Häftlingszeichnungen, meist Karikaturen mit feinem Humor, die von dem Leben im Offizierslager erzählen, und weitere Objekte aus dem Häftlingsalltag. Besondere Aufmerksamkeit verdient die unter Denkmalschutz stehende Kapelle unter dem Dach des Kasernengebäudes, die die Häftlinge selbst gestalteten und die vor allem spendenfinanziert unter großem Aufwand in den letzten Jahren durch das ehrenamtliche Gedenkstättenpersonal um Barbara Köster, Vorsitzende des Vereins, restauriert werden konnte. Allein dieser historische Ort ist sowohl für Gruppen als auch Einzelbesucher ein Besuch wert.

Umso beängstigender ist der aktuelle Zustand des Gebäudes: Neben einem undichten, reparaturbedürftigen Dach sind einige Fenster nicht mehr funktionstüchtig und selbst zur Deckung der laufenden Kosten, beispielsweise für Heizungen, fehlt mitunter Geld. Aktuell zeigen weder die Trägerin des Gebäudes, die BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben), noch die Stadt Soest die Bereitschaft, zumindest diese Mängel und Schäden am Gebäude zu beheben. Darüber hinaus gibt es immer noch einige Desiderate, die es zu schließen gilt: Offen muss beispielsweise auch aus Mangel an Zuschüssen für die Forschung die Frage bleiben, was mit den jüdischen Offizieren im Kriegsgefangenenlager nach deren Verlegung geschehen ist. Für die sich auch aus solchen Lücken ergebende, notwendige Überarbeitung der Ausstellung fehlt es wegen mangelnder finanzieller Mittel auch an Personal, wobei Objekte und der historische Ort dies mehr als rechtfertigen würden.

Angesichts der prekären Situation überlegten der Vorstand und die Mitglieder des Arbeitskreises gemeinsam mit den vor Ort tätigen Personen, wie die vor der Schließung stehende Gedenkstätte französische Kapelle gerettet werden kann. Trotz vieler kreativer Ideen ist eines klar: Ohne die Bereitschaft der Stadt Soest oder anderen staatlichen Akteuren wie der Grundstückseigentümerin BIMA wird dies kaum möglich sein. Dass neben der Bedeutung für die lokale Erinnerungskultur auch enge und intensive Verbindungen zu verschiedenen französischen Verbänden bestehen, macht das drohende Aus des Erinnerungsortes umso erschreckender. Es bleibt zu hoffen, dass auf der nächsten Mitgliederversammlung des Arbeitskreises am 15. Juli 2013 in Stukenbrock-Senne positive Nachrichten aus Soest zu vermelden sind.

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