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Das „Arbeitsfeld Gedenkstätte“ in Nordrhein-Westfalen Die NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte in Dortmund, Krefeld, Münster, Windeck-Rosbach und Wuppertal gewähren einen Einblick
Die Art und Weise, wie und unter welchen Bedingungen in einer Gedenkstätte gearbeitet wird und wie sich diese Dinge im Laufe der Zeit veränderten, hängt nicht zuletzt von der Form ihrer Entstehung ab. Die Voraussetzungen für die Einrichtung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten gestalteten sich in Nordrhein-Westfalen sehr unterschiedlich. Einige Einrichtungen betreiben ihre Arbeit von Beginn an in kommunaler Einbindung, bei anderen läuft die Finanzierung über Vereine oder Stiftungen oder sie basieren bis heute zu großen Teilen auf ehrenamtlichem Engagement.[1]
Laut Markus Günnewig, dem Wissenschaftlichen Mitarbeiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache in Dortmund, hat sich in den letzten Jahren eine deutliche Professionalisierung im Bereich der NS-Gedenkstätten und bei der hier geleisteten Arbeit vollzogen. Auch Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, verweist auf diese Veränderung im Berufsfeld, das, wie sie erklärt, jedoch nicht in eine einzelne Fachdisziplin geschoben wurde. Dementsprechend vielseitig sind die in den Einrichtungen vertretenen Professionen: Hier arbeiten unter anderem Historiker, Pädagogen, Politik- und Sozialwissenschaftler, aber auch Kunsthistoriker und Literaturwissenschaftler. Hinzu kommen in vielen Einrichtungen Ruheständler und nebenamtlich beschäftigte Guides, die wie Markus Günnewig ausführt, den Betrieb in den Gedenkstätten ebenso ermöglichen wie SekretärInnen, HausmeisterInnen und SicherheitsmitarbeiterInnen.
Bezüglich der an GedenkstättenmitarbeiterInnen gestellten Anforderungen verweist Claudia Arndt – Leiterin der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ in Windeck-Rosbach – auf historische Kenntnisse, pädagogische Fähigkeiten, persönliches Interesse und Engagement. Die Leiterin der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer in Krefeld, Ingrid Schupetta führt darüber hinaus an, dass auch „‚weiche‘ Begabungen wie Menschenliebe und Kinderfreundlichkeit, Selbstständigkeit und eine gewisse Widerborstigkeit, trotzdem Flexibilität“ eine entscheidende Rolle spielen. Ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Motivation wird auch vom potentiellen Nachwuchs, also interessierten SchülerInnen, StudentenInnen und AbsolventInnen erwartet. Wie Ulrike Schrader erklärt, können sich beispielsweise in der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal Studierende der Geschichte, Sozialwissenschaften, Kunstgeschichte, Philosophie, Literaturwissenschaften um ein Praktikum bewerben.
Stefan Querl, Stellvertretender Leiter des Geschichtsortes Villa ten Hompel in Münster verweist bei der Frage nach seiner persönlichen Motivation für die Arbeit in einer Gedenkstätte auf die Bedeutung, die biographische Prägungen einnehmen können. Aufgewachsen am Niederrhein, waren es auch die Brandanschläge in Hünxe im Kreis Wesel im Jahr 1991, die Stefan Querls bis heute andauerndes Engagement begründeten. Mit Blick auf aktuelle Ereignisse wie Pegida-Demonstrationen oder die Anschläge von Paris, stellt sich Stefan Querl bis heute oft die Frage „Wo war, wo ist und bleibt der ‚Aufstand der Anständigen‘ gegen Gewalt und Rassismus?“ Durch ihre Arbeit wollen die MitarbeiterInnen der Gedenkstätten in NRW die Menschen hierbei unterstützen. Stefan Querl: „Zivilcourage kann im Kleinen anfangen und erfolgreich Kreise ziehen. Der erste Schritt ist der schwierigste, aber auch der wichtigste. Zum Beispiel der bei einem Gang in eine Gedenkstätte.“
Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr herzlich bei Dr. Claudia Arndt, Markus Günnewig, Dr. Ingrid Schupetta, Dr. Ulrike Schrader und Stefan Querl, die sich die Mühe gemacht haben, uns einen Einblick in das „Arbeits- und Berufsfeld Gedenkstätte“ zu geben.
[1] Vgl. auch Kirsten John-Stucke: Dezentralität und Vielfalt – Erinnerungskultur in Nordrhein-Westfalen, in: GedenkstättenRundbrief 166 (6/2012) S. 9-15, hier S. 9 f.

