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Bericht zum Festakt: 20 Jahre Arbeitskreis - 20 Jahre Vernetzung und Professionalisierung Mit einem Festakt hat der Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten und –Erinnerungsorte in NRW auf sein 20jähriges Bestehen zurückgeblickt. In Vorträgen und Diskussionen wurden die unterschiedlichen Wege der Einrichtungen von ihren Gründungen und dem Ringen um Anerkennung hin zur Professionalisierung und Etablierung nachgezeichnet. Der Blick in die Zukunft zeigt, dass gerade für kleinere, nur durch Ehrenamt weiterbestehende Einrichtungen dringend Unterstützungen notwendig sind.
Anlässlich seines 20jährigen Bestehens hat der Vorstand des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und –Erinnerungsorte in NRW um Prof. Dr. Alfons Kenkmann in die Villa Horion geladen. Das Gebäude war bis 1999 Sitz der Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalens, seitdem ist es Teil der Landtagsverwaltung und wird auch von der Landtagspräsidentin genutzt. In dieser Funktion hat Carina Gödecke die zahlreichen Gäste empfangen: In ihrem Grußwort betonte sie deutlich die Wichtigkeit der Gedenkstätten für die Erinnerung an nationalsozialistische Verbrechen. Die Opfer zu vergessen, käme der Landtagspräsidentin folgend einem „erneuten Verbrechen“ gleich. Geschichte und Gedenken im kollektiven Gedächtnis zu behalten, hat sie sich dabei auch zur ganz eigenen Aufgabe gemacht. Ihr Ziel ist es nämlich, alle im Arbeitskreis vernetzten Gedenkstätten zu besichtigen. Im Sommer konnte sie bereits die Einrichtungen in Münster, Düsseldorf, Wewelsburg und Stukenbrock-Senne besuchen.
Auch Maria Springenberg-Eich, die Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung in NRW, durfte begrüßt werden. Zu den Kernaufgaben der Landeszentrale für politische Bildung gehören historisch-politische Bildung und die Förderung der Gedenkstätten-Arbeit. Seit mehreren Jahren besteht zwischen dem Arbeitskreis und dem entsprechenden Referat der Landeszentrale ein intensiver Austausch, der sich beispielsweise in einer gemeinsamen Delegationsreise nach Israel widerspiegelt.
Als Vorsitzender des Arbeitskreises blickte Prof. Dr. Alfons Kenkmann in seiner Einführung auf die Entstehung der Gedenkstätten und ihre auch mit langjähriger Vernetzung vorangetriebene Professionalisierung zurück. In vielen nordrhein-westfälischen Städten seien bürgerschaftliche Initiativen ersten Gründungen vorausgegangen. Nicht selten hätten die Vorkämpferinnen und Vorkämpfer dabei gegen Widerstände arbeiten müssen – es sollte teilweise über 20 Jahre dauern, bis Kommunen und andere Einrichtungen sich ihrer Verantwortung für die Erinnerung bewusst geworden seien und durch finanzielle Absicherungen die Verstetigung der Gedenkstättenarbeit vor Ort ermöglichten. Aus dieser Institutionalisierung oder auch aus der Gründung des Arbeitskreises resultiere nun eine Professionalisierung, die in der gesamten Erinnerungslandschaft NRWs zu beobachten sei. Auch deshalb sei die dezentrale Erinnerungskultur mittlerweile unverzichtbar für die Menschen und ihre Bildung im bevölkerungsreichsten Bundesland geworden.
Prof. Dr. Reinhard Rürup hat diese Entstehungsgeschichten in den gesamtgesellschaftlichen Kontext eingeordnet und die Erfahrungen der Gedenkstätten auf ihrem Weg „von der ‚Nestbeschmutzung‘ in die Mitte der Gesellschaft“ nachgezeichnet. So traten Einzelne oder kleinere Gruppen dem „stillen Gedenken“ seit Ende der 1970er Jahre in Form von „Geschichtsgruppen oder –werkstätten“ entgegen. Sie hätten versucht, die Opferperspektive in den Mittelpunkt zu stellen und besonders auch Orte der Verfolgung vor Ort ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Die Gründung von Gedenkstätten in den 1980er Jahren sei auch mit einem wandelnden Verständnis von Geschichte verbunden gewesen. Aber erst nach der Wiedervereinigung habe sich allmählich ein Bewusstsein staatlicher Verantwortung für Erinnerung verbreitet. Eine Entwicklung, die über die Jahrtausendwende hinweg anhalte und auch das Verhältnis von Gedenkstätten und Politik neu ausgelotet habe. Etwa zeitgleich wurde eine „Gedenkstättenkonzeption des Bundes“ verabschiedet, in der auch die herausragende Bedeutung von Gedenkstätten als Lernorte betont werde.
Bei einer abschließenden, von Dr. Sabine Kittel (Uni Münster) moderierten Podiumsdiskussion wurden die Impulse aus diesen Vorträgen an regionalen Beispielen aufgegriffen. Dr. Ulrike Schrader (Wuppertal), Kirsten John-Stucke (Wewelsburg), Angela Genger (Essen und Düsseldorf) und Dr. Ulrich Opfermann (Siegen) zeichneten die Entstehungskontexte und –kämpfe nordrhein-westfälischer Gedenkstätten ganz konkret nach. Deutlich wurde dabei besonders, dass die Landesgedenkstättenlandschaft dezentral und unabhängig organisiert ist und beispielsweise anders als in anderen Ländern nicht dauerhaft oder institutionalisiert vom Bund gefördert wird. Umso bedeutender – das klang in allen Beiträgen an – sei neben dem hohen bürgerschaftlichen Engagement vor Ort in rheinischen und westfälischen Städten auch die Vernetzung zwischen den so unterschiedlichen Einrichtungen. Dazu bietet der Arbeitskreis seit 20 Jahren eine Plattform. Und auch die Tagung „Werkstatt Geschichtsarbeit und historisch-politisches Lernen zum Nationalsozialismus“, die einen passenden Rahmen um den Festakt bildete, bot hierzu willkommenen Anlass.

