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Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten in NRW begrüßt neue Bildungspartnerschaft

Fachtagung in Oberhausen nahm jetzt die Zusammenarbeit von Schulen und Museen in den Blick

Verfasst am 09. Oktober 2008

Im Rheinischen Industriemuseum Oberhausen fand jetzt eine Fachtagung zur NRW-Bildungspartnerschaft "Museum und Schule" statt. Die Konferenz wurde mit der Begrüßung durch Landesrätin Milena Karabaic vom LVR (Landschaftsverband Rheinland) eröffnet. Es folgten eine Einführung von Wolfgang Vaupel (Medienberatung NRW) und ein Vortrag von Frau Prof. Dr. Gisela Weiß, die an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig den Lehrstuhl für Museologie innehat. Ihre Fragestellung: "Warum ins Museum? Chancen und Möglichkeiten des Museums als außerschulischer Lernort". Als Gastreferentin verwies sie darauf, dass bereits ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reformbewegung aufkam, die danach strebte, das Museum als einen Ort der Objektsammlung "genussvoll und lehrreich" in die schulische Bildung einzubinden. So sollte seiner Zeit das "Nacherleben" von Kunst und das Aufspüren von Kultur und Kulturgütern ermöglicht werden. Zeichenunterricht im Museum sei ein Beispiel für eine solche Verknüpfung von Unterricht und außerschulischem Lernort. Ziel sei es, diesen Ansatz der Vernetzung auch heute konsequent fortzuführen - auch um Schülerinnen und Schülern aus eher bildungsfernen Elternhäusern die Chance auf kulturelle Vertiefung zu ermöglichen. Deutschland sei nach Ergebnissen der PISA-Studie das Land in Europa, in dem das Bildungsniveau besonders stark an die soziale Herkunft geknüpft sei, so dass die Möglichkeiten der Einbeziehung des Museums in den Lehrplan hier besondere Aufmerksamkeit verdiene. Auch solle weiter an Museumskonzepten gearbeitet werden, um die jeweiligen Ausstellungen für Kinder und Jugendliche anschaulicher und attraktiver zu machen. Allerdings gab die Fachfrau in Form eines Zitats zu bedenken, dass auch ein noch so ambitioniertes Museumskonzept sicher nichts daran ändere, dass ein Museumsbesuch quasi immer einem "Picknick" gleiche, bei dem jeder sich das nehme, was er wolle, möge und bevorzuge.

Im weiteren Verlauf der Tagung wurden verschiedene Workshops veranstaltet, in denen es um die Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit von Schule und Museum ging. In Gesprächen zwischen Vertretern der Kompetenzteams, Museen, beider Landschaftsverbände und der Medienberatung ließen sich die dafür notwendigen organisatorischen und pädagogischen Maßnahmen konkretisieren.

Im Workshop unter dem Titel "Erziehung nach Auschwitz" und "Zeit für Zivilcourage?! Leichter gesagt als getan…." brachten unter der Mitwirkung von Stefan Querl (Geschichtsort Villa ten Hompel/ Arbeitskreis NS-Gedenkstätten NRW) zwei erfahrene Praktiker, Gisela Kornau, Lehrerin an der katholischen Heriburgschule Neuenkirchen (Kreis Steinfurt), und Andreas Weinhold (Kurt-Tucholsky-Gesamtschule Krefeld) ihre Erfahrungen ein. Andreas Weinhold analysierte die Schwierigkeit, Themen zum Holocaust zu unterrichten. Manchmal fehle die Gelegenheit und Muße, auch außerplanmäßige Bereiche dieser Geschichte oder des Gegenwartstransfers zu besprechen. Gerade deshalb bestehe die Herausforderung, die Klassen und Kurse in der knappen Zeit besonders zu sensibilisieren, zumal es viele Schüler mit Migrationshintergrund gebe, denen ein rein nationalgeschichtlicher Zugang völlig fremd sei und fremd bleibe. Die zum Teil antisemitischen und antidemokratischen Einstellungen in der Schülerschaft seien ein zusätzliches Problem. Wichtig sei es daher, enge Bezüge zur Erfahrungswelt der Jugendlichen herzustellen und beispielsweise Bilder als historische Quellen äußerst sorgfältig einzubeziehen. Auch Gisela Kornau brachte Vermittlungsschwierigkeiten zum Ausdruck. Es herrsche jedoch ein starkes Interesse vor, NS-Gedenkstätten zu besuchen und diese als außerschulische Lernorte intensiv zu nutzen, wenn die Programme dort anschaulich, altersgerecht und methodisch vielfältig seien. Als Kooperationsbeispiel diene die enge Partnerschaft, die schon vor Jahren mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel eingegangen worden sei. Mut zur Zusammenarbeit machten aber auch die Planungen in der Gedenkhalle Schloss Oberhausen: Ihr Leiter Clemens Heinrichs berichtete über den Stand der Konzeption für die dortige Ausstellung, die zurzeit komplett neu überdacht und bearbeitet wird.

Ein weiterer Workshop wurde zum Thema "Museumscurriculum" speziell für Grundschülerinnen und -schüler angeboten. Dr. Sabina Leßmann vom Kunstmuseum in Bonn, Karin Schad vom Rheinischen Landesmuseum Bonn (LVR) und Kathrin Gola von der Gemeinschaftsgrundschule Robert Koch in Bonn-Bad Godesberg stellten den Stand und die Inhalte des Modellprojekts des Kunstmuseums Bonn und des Rheinischen Landesmuseums Bonn vor. Ziel des "Museums-Curriculums" ist es, Grundschülern sukzessive die Kompetenzen für den "Museumsbesuch" zu vermitteln. Einige Ansätze und Entwick-lungsmöglichkeiten wurden in diesem Workshop diskutiert. So wurde der Entwurf eines solchen "Museumscurriculums" vorgestellt, das für die ersten beiden Grundschulklassen das Erkunden, Beschreiben und Erleben als Lehrinhalte in den Mittelpunkt rückt. In der dritten Klasse solle der Blick geschärft und die Fähigkeit zur Interpretation erprobt werden. Für die vierte Klasse sieht das Curriculum ein selbstständiges Erarbeiten und die verbale Erläuterung von Exponaten vor. Am Ende stehe die Bündelung des Erlernten mit der Zielsetzung, dass die Schüler danach befähigt seien, ein Museum selbstständig zu besuchen sowie Exponate zu erschließen und sie zu präsentieren.

Im Rahmen der neuen Bildungspartnerschaft sind bereits etliche Kooperationsverträge zwischen Schulen und Museen geschlossen worden, wobei der Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten in NRW ebenfalls zu den Architekten und Mitgestaltern des landesweiten Vernetzungsprojektes zählt. Zu begrüßen sei das Ziel, die Zusammenarbeit der Institutionen zu verstetigen und für alle Partner und Beteiligten verlässlich zu machen - gerade auch in den Phasen der Schulzeitverkürzung an Gymnasien und Gesamtschulen und des allerorten wachsenden Prüfungsdrucks, beispielsweise in den Schuljahrgängen 10.

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