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6. Bildungspartnerkongress in Essen Workshops, Vorträge und eine Preisverleihung boten ein buntes Programm rund um verschiedene Bildungspartnerprojekte.
Das Haus der Technik in Essen war dieses Mal der Veranstaltungsort des Bildungspartnerkongresses, der am 25. September unter großer Beteiligung stattfand. Das Programm gliederte sich in die Verleihung des Preises „Kooperation. Konkret.“, einem Vortrag des Professors für Geschichtsdidaktik an der Leibniz Universität Hannover, Prof. Dr. Michele Barricelli, und zwei Workshopphasen, in denen mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel und der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Dortmund auch zwei Mitglieder des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten in NRW ihre Projekte vorstellten.
Mit dem Preis "Kooperation. Konkret.", der besondere Leistungen im Bereich der außerschulischen Kooperation würdigt, wurden drei Projekte ausgezeichnet. Im Projekt „Literatur als Brücke im interkulturellen und intergenerationellen Dialog“ der Erich-Kästner-Gesamtschule, der Stadtteilbibliothek Freisenbruch und dem Bildungswerk der Humanistischen Union in Essen werden Bibliotheksbenutzer_innen mit Zuwanderungsgeschichte von Schüler_innen zu ihrer Lebensgeschichte und ihren Lieblingserzählungen vor der Kamera interviewt. Die Jury begründete ihre Entscheidung für dieses Projekt folgendermaßen: "Jeder Mensch trägt Geschichten mit sich, die ihn prägen und als Person ausmachen. Dieses Projekt fragt nach eben diesen Erfahrungen und Texten und verdeutlicht so, wie sehr Migration eine Gesellschaft auch literarisch bereichert."
Als weiteres Projekt wurde eine Kooperation zwischen Senior_innen und Schüler_innen einer 5. Klasse der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule Krefeld prämiert. Die Schüler_innen recherchierten zum Thema Kindheit für eine Ausstellung nicht nur im Stadtarchiv und dem NS-Dokumentationszentrum Villa Merländer, sondern interviewten die Bewohner_innen des benachbarten Seniorenzentrums zu ihren Kindheitserfahrungen. "Das Projekt mache deutlich, wie sehr Kindsein von historischen, regionalen und kulturellen Rahmenbedingungen geprägt ist. Im Dialog mit älteren Menschen werden Erzählkompetenzen gefördert, aus Geschichten wird Geschichte. Darüber hinaus ist es trotz seiner lokalen Verankerung einfach zu übertragen", so die Jury in ihrer Begründung.
Auch in dem dritten ausgezeichneten Projekt steht der erfahrbare Zugang zur historischen Erinnerung im Vordergrund. Im Rahmen des Projektes "Ein Jugendbuch für Dülmen" der Geschichts-AG der Hermann-Leeser-Realschule aus Dülmen in Kooperation mit dem Stadtarchiv entstand eine Graphic Novel
über das Leben der Überlebenden des Holocausts Helga Becker-Leeser aus ihrer Stadt. Die Jury zeigte sich beeindruckt davon, dass die Vertreibungsgeschichte der Familie in der Gänze in den Blick genommen wurde und der direkte Kontakt mit der Zeitzeugin die Auswirkungen von Verfolgung und Vertreibung auch für die jungen Autor_innen erfragbar und greifbar wurde.
Prof. Dr. Barricelli nahm in seinem Vortrag "Erinnern heißt Erzählen. Zu Theorie und Praxis kooperativer Bildungsprozesse aus erinnerungskultureller Sicht" u.a. die zentrale Bedeutung der außerschulischen Lernorte für das Erlernen von Erzählen in den Blick. Mit Verweis auf die prämierten Projekte argumentierte er, dass durch das Projekt zwischen dem Stadtarchiv Dülmen und der Hermann-Leeser-Realschule das Archiv zu einem Ort "lebendiger Geschichte" geworden sei, wie es eine Teilnehmerin formulierte. Das Literaturprojekt "Literatur als Brücke im interkulturellen und intergenerationellen Dialog" fördere eine Diversität an Erzählformen und zeige, dass Erzählen eng an den kulturellen Kontext gebunden sei. Das Projekt der Gesamtschule und des Seniorenheims ermögliche den Schüler_innen das Erzählte auf sich selbst zu beziehen und in ein Verhältnis mit dem eigenen Leben und den selbst-gemachten Erfahrungen zu setzen.
Die Workshops gaben anschließend einen Einblick in sehr unterschiedliche Projekte der verschiedenen Bildungspartner. Der Geschichtsort Villa ten Hompel aus Münster bot in Kooperation mit der Akademie Franz-Hitze-Haus einen Workshop zur Auseinandersetzung mit DDR-Geschichte in NRW an. Im Mittelpunkt stand dabei das Seminar "Spurensuche DDR – Leben im geteilten Deutschland", das Schüler_innen aus dem Münsterland an drei Tagen in Berlin Aspekte der DDR-Geschichte vermittelt. Die Referent_innen stellten das Lernmaterial des Seminars zur Diskussion und diskutierten über die Herausforderungen Zugänge für Schüler_innen zu schaffen, für die die Zeit der DDR oftmals als vermeintlich unbedeutende und weit entfernte Epoche erscheint.
Die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Dortmund führte in Kooperation mit der Europaschule Dortmund und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge einen Workshop über das Projekt "Kommunales Erinnern gestalten – Namensziegel gegen das Vergessen" durch. Dieses erinnert an die 5095 sowjetischen Kriegsopfer, die im Zweiten Weltkrieg in Dortmund umgekommen sind und namenlos beigesetzt wurden. Seit vier Jahren arbeiten Schüler_innen der Europaschule die Schicksale dieser Menschen auf, erarbeiten Namensziegel, die auf dem Friedhof angebracht werden und gestalten die jährliche Gedenkstunde zum Volkstrauertag in Dortmund mit.
Die Dokumentation des 6. Bildungspartnerkongress in Essen kann ab Ende Oktober hier heruntergeladen werden: www.bildungspartner.schulministerium.nrw.de/Bildungspartner/

