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Zuwanderung, Niederlassung und Gemeindegründung: 1424 bis 1897

1424
Zuwanderung von Kölner Juden in das Herzogtum Berg.

1459
Ausweisung der Juden aus dem Herzogtum Berg.

1568
Erster Nachweis für die Anwesenheit eines Juden in Solingen.

1622
Dauerhafte Niederlassung von Juden in den Territorien Berg und Mark.

1682
Aus den Jahren 1682, 1684 und 1686 stammen die ältesten Schutzbriefe Schwelmer Juden.

1691
Der erste nachweisbare Jude im Wuppertal, Isaak Meyer, erhält vom Kurfürsten Johann Wilhelm einen Geleitbrief (1694 für 16 Jahre verlängert, um sich in Elberfeld aufhalten zu können). Als 1704 seine Mutter stirbt, bemüht Meyer sich zunächst um einen Grabplatz auf den christlichen Friedhöfen, der ihm aber verweigert wird. Der Elberfelder Magistrat verkauft ihm schließlich ein Stück Land auf der Hardt. 1742 zieht Meyer aus dem Wuppertal weg.

1694
Das Remscheider Kirchenbuch nennt mit Datum vom 16. Mai einen Wilhelm Jüden. Drei jüdische Familien leben im Bereich der Herrschaft Hardenberg. Eine jüdische Familie lebt in Langenberg.

1722
Am 18. Oktober legt eine Feuersbrunst fast die halbe Stadt Schwelm in Asche. Der Brand war im Haus Abraham Simons ausgebrochen.

1763
Am 17. April wird die Jüdin Sara Hirsch in der Kirche zu Lüttringhausen als Maria Christina Catharina Bergmann getauft.

1777
Der Jude Levy Löwenthal zieht nach Lüttringhausen.

1779
Es wird eine neue Geleitkonzession erlassen: Es dürfen nicht mehr als 250 jüdische Haushalte in den Herzogtümern Jülich und Berg sein, arme und verdächtige Juden müssen sofort das Land verlassen, die vermögenden Juden haften für die Steuerzahlungen der unvermögenden, bei Geburt und Tod eines männlichen Juden muss je ein Goldgulden entrichtet werden, Verhöhnung und Beleidigung der Juden sollen streng bestraft werden. Diese Geleitkonzession kostet die Juden 10.000 Gulden und zusätzlich eine Jahresgebühr von 4.000 Gulden.

1787
Die Solinger Juden kaufen ein Fachwerkhaus am Südwall, das ab 1788 als Synagoge mit Mikwe und Schule dient.

1791
Mit Beschluss der französischen Nationalversammlung erhalten die Juden in den von den Franzosen eingenommenen rechtsrheinischen Gebieten die Bürgerrechte. Es werden rasch mehrere Synagogengemeinden gegründet. Aus diesem Jahr stammt der älteste noch erhaltende Grabstein der Nevigeser jüdischen Gemeinde auf dem Friedhof am Kuhlendahl. Bis 1810 werden dort auch die Elberfelder Juden bestattet.

1794
Auf Druck der Bleicherzunft (Garnnahrung) wird ein Erlass von Kurfürst Karl Theodor herausgegeben, der Juden den Aufenthalt und die Niederlassung im Wuppertal verbietet.

1795
Die Franzosen besetzen die rechtrheinischen Territorien, aber die 1801 von den französischen Behörden erlassenen Judengesetze gelten nur für die linksrheinische Seite. Das Bergische Land steht weiterhin unter der Regierung von Kurfürst Maximilian Joseph.

1800
In Elberfeld gibt es keinen einzigen Juden bei insgesamt 18.000 Einwohnern.

1802
Fertigstellung der Langenberger Synagoge in der Kuhstraße 6, wohl die älteste im Bergischen Land.

1804
Per Dekret eröffnet Kurfürst Maximilian Joseph jüdischen Kindern den Schulbesuch an allgemeinen Schulen, aber: „Die Juden in ihrer damaligen Verfassung sind schädliche Mitglieder des Staates, die liberalen Grundsätze einer uneingeschränkten Duldung können bei ihnen ohne Nachteil der bürgerlichen Gesellschaft nicht angewendet werden. Es wäre ungerecht, sie auszuweisen, aber es sollen Einrichtungen getroffen werden, durch die sie zu nützlichen Staatsbürgern erzogen werden und die ihnen zwar nicht vollen, so doch ausgedehnten Genuss der Bürgerrechte gewähren.“ Im Hardenbergischen leben 158 Juden.

1806
Errichtung des Großherzogtums Berg, zu dem nun auch die Grafschaft Mark gehört, unter französischer Regierung. Einführung des „Code Civil“, des unter Napoleon verfassten Zivilgesetzbuches.
Die Remscheider Gewerbesteuerliste nennt den „Judt Leib Marcus“ vom Büchel.

1808
Dekret des Großherzogs Joachim Murat von Berg, das die Gleichstellung der Bergischen Juden bestimmt. Wenig später folgt ein Erlass Napoleons, das so genannte „Décret infame“, das Teile des Gleichstellungsdekrets wieder rückgängig macht (Kreditgeschäfte, Handelsgewerbe).
Der aus Württemberg stammende Kaufmann Seligmann zieht nach Velbert, nachdem er die in Langenberg wohnende Carolina Joseph geheiratet hat.
Der Schwelmer Jude Lambertus Behr stellt Regenschirme her.

1809
Es gibt neun jüdische Familien in Elberfeld, die sich als private Gemeinschaft unter dem Vorstand von Joseph Meyer und Bernhard Cahen zusammenschließen. Der Stadtdirektor Carl Brügelmann empfiehlt bald die offizielle Gründung einer Gemeinde. Diesem Rat wird aber nicht gefolgt, so dass die Entwicklung der Gemeinde gebremst wird.

1810
Joseph Meyer erwirbt das Grundstück an der Elberfelder Weißenburgstraße für einen jüdischen Friedhof von Engelbert von der Heydt.

1812
Das preußische Judenedikt gilt lediglich für die altpreußischen Gebiete. Für die neu hinzugekommenen Landesteile wie das Bergische Land sind die alten Regelungen maßgeblich. Landfremde Juden (aus Gebieten außerhalb der preußischen Grenzen zugewandert) können sich nur nach dem Nachweis eines beträchtlichen Vermögens innerhalb der preußischen Grenzen niederlassen.
Nachmann Isaac kommt nach Velbert, dessen Nachkommen bis 1939 in dem Ort als Metzger und Viehhändler arbeiten.

1813
Die Elberfelder Kaufleute Joseph Meyer, Jacob Daniel Leudesdorff, Salomon Leiser und Meyer Ullmann schließen im Auftrag der jüdischen Gemeinde einen Pachtvertrag mit dem Gastwirt Johann Peter Wülfing über ein angelegenes Hinterhaus einer Gaststätte in der Elberfelder Innenstadt. Da der Betrieb jedoch zu große Störungen bei Gottesdiensten und Versammlungen verursacht, mieten sie noch im selben Jahr ein größeres Zimmer mit Nebenraum als Versammlungs- und Betraum im Hinterhaus eines Gebäudes an der Herzogstraße (gegenüber der Erholungstraße).

1815
Das Bergische Land wird preußisch.

1816
15 jüdische Familien (104 Personen) wohnen im Wuppertal, 14 davon leben vom Handel, fünf verfügen über Grundbesitz. Trotz offizieller Gleichstellung beklagt der Oberbürgermeister die jüdische Ansiedlung: „Diese haben sich seit einigen Jahren sehr vermehrt – was für eine Fabrikstadt gewiß nicht von Nutzen ist, und es gewiß einer näheren Erörterung verdiente, in wiefern die Juden hier eine größere Ausdehnung und die Befugniß, eine förmliche Synagoge zu gründen, erhalten.“
In Solingen (mit Dorp, Gräfrath, Wald, Merscheid/ Ohligs und Höhscheid) leben 72 Juden.

1818
Die Velberter Juden beerdigen Gustav Leser auf einem Grundstück am Nordpark.

1819
Tod des ersten Vorstehers der Elberfelder Juden, Joseph Meyer. Sein Nachfolger wird Bernhard Cahen. Trotz seiner großen Bemühungen, die zum Teil zahlungsunwilligen Gemeindeglieder zusammenzuhalten, steht die Gemeinde bis 1820 kurz vor der Auflösung. Es gibt weder einen Rabbiner noch eine jüdische Schule. Cahen beantragt, von seinem Amt entbunden zu werden. Als keine Reaktion erfolgt, kündigt er den Betsaal an der Herzogstraße. Die Gemeinde (20 Familien mit 112 Personen) bleibt längere Zeit ohne öffentlichen Gottesdienst.
In Solingen leben 62 Juden, in Remscheid einer.
Im August wird die Synagoge an der Fronhofstraße in Schwelm eingeweiht.

1820
Der einzige jüdische Hausbesitzer in Barmen ist Salomon Meyer aus Wülfrath.

1821
Gründung der Firma Saul Wahl, später eines der bekanntesten jüdischen Geschäfte in Barmen („S. & R. Wahl“).

1824
Im Wuppertal und Umgebung leben insgesamt 397 Juden (Elberfeld 104, Barmen 24, Mettmann 50, Haan 7, Wülfrath 23, Velbert 16, Langenberg 52, Neviges 59, Schwelm 62).

1826
Im Zuge der Bemühungen um den Erhalt der Gemeinde im Wuppertal wird der qualifizierte Lehrer Moses (Moritz) Kalischer angestellt. Er wird zwar Vorsteher der Gemeinde, aber eine jüdische Schule kann wegen der Zahlungsunwilligkeit der Gemeindemitglieder trotzdem nicht eingerichtet werden.
Erster Nachweis für die Anwesenheit eines Juden in Lennep.
Früheste Nennung eines „Friedhofes der Israelitischen Gemeinde Lüttringhausen“, dem späteren Familienfriedhof der Löwenthals an der Pulverstraße.

1830
In Schwelm leben 13 jüdische Familien mit 70 Personen, was einem Bevölkerungsanteil von 1,9 Prozent entspricht.

1831
Wiederanmietung des Betsaals an der Elberfelder Herzogstraße durch Leonhard Cahen, aber erneuter Verfall der Gemeindeaktivitäten. Für Beschneidungen, Trauungen und andere kultische Handlungen muss ein fähiger Mann aus Düsseldorf engagiert werden, da im Wuppertal niemand dazu in der Lage ist.

1832
Die Elberfelder und Barmer Juden erwägen, sich der jüdischen Gemeinde in Krefeld anzuschließen.
In Lennep leben drei Juden.
Alexander und Aron Coppel sind Mitgründer des Solinger Schützenvereins.
In Velbert leben 19 Juden.

1840
Im Regierungsbezirk Düsseldorf gibt es für 6.715 Juden nur sieben jüdische Schulen. Von 1.138 jüdischen Kindern besuchen nur 242 jüdische Schulen. Für die 382 jüdischen Einwohner im Wuppertal mit 64 schulpflichtigen Kindern gibt es keine einzige jüdische Schule.
Die Velberter Juden erwerben das Friedhofsgrundstück an der Straße Am Nordpark.

1845
Erst jetzt wird die bereits 1801 für die linksrheinische Seite geltende Namensregelung auf für die Bergischen Juden eingeführt, wonach nicht mehr der Vorname des Vaters der Familiename der nächsten Generation ist, sondern ein fester Familiennamen angenommen werden muss.
Die Solinger Synagogengemeinde beschließt ihre Statuten, die einen fünfköpfigen Vorstand vorsehen. Im oberen Kreis Solingen leben 128 Juden.

1846
19 jüdische Familien mit 92 Personen leben in Elberfeld, neun Familien mit 37 Personen in Barmen. Die Elberfelder und Barmer Juden engagieren Jesaias Mayer aus Telgte als jüdischen Lehrer. – In Lennep leben zehn Juden.

1847
Die Wuppertaler Landtagsabgeordneten August Freiherr von der Heydt und Christian Schuchard streiten in Düsseldorf über die Emanzipation der Juden. Nach dem Gesetz vom 23. Juli, „die Verhältnisse der Juden in Preußen betreffend“, ist der offizielle Titel der jüdischen Bevölkerung „Synagogen-Gemeinde“. Die Juden erhalten volles bürgerliches Recht. Das jüdische Schulwesen wird durch kommunale Mittel bezuschusst.

1849
In Neviges leben 59 Juden.

1852
Die Synagogen-Gemeinde Elberfeld-Barmen konstituiert sich, zu der die kreisfreien Städte Elberfeld und Barmen sowie die Kreise Mettmann und Lennep gehören. Die bergischen Städte Remscheid, Lennep und Lüttringhausen bleiben bis zur Auflösung aller jüdischen Gemeinden 1939 Filialgemeinden von Elberfeld.

1853
Der erste Elberfelder Rabbiner, Dr. Samuel Auerbach, tritt sein Amt an.
Konstituierung der Synagogen-Gemeinde Solingen.

1854
Die Juden in Schwelm werden der jüdischen Gemeinde in Hagen unterstellt.

1855
Gründung des „Israelitischen Frauenvereins“ im Wuppertal.

1857
Gründung des „Israelitischen Wohltätigkeitsvereins“ im Wuppertal.
Fusion der Synagogen-Gemeinden Solingen und Opladen.

1860
Erste Beschlussfassung zum Bau einer Synagoge in Elberfeld. Die Gemeinde ist auf 259 Personen angewachsen.

1861
In Lüttringhausen leben 33 Juden.
Die Synagogen-Gemeinde Solingen erwirbt ein Grundstück an der Malteserstraße für den Bau einer Synagoge.
In Neviges leben 41 Juden.

1864
Der einzige Rabbiner in der Geschichte der Solinger Juden, Dr. Hermann Grünfeld aus Nikolsburg, tritt sein Amt an. Nach einem halben Jahr verlässt er die Gemeinde.

1865
Am 15. September wird die Elberfelder Synagoge an der Genügsamkeitstraße eingeweiht.

1867
In Remscheid leben drei, in Lennep 18 und in Lüttringhausen 24 Juden.

1869
Am 11. Februar wird Else Schüler in Elberfeld geboren.
Das Gesetz des Norddeutschen Bundes erklärt die rechtliche und politische Gleichstellung der Juden. Dieses Gesetz wird nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 übernommen und gilt für das gesamte Reichsgebiet.

1872
Auf Empfehlung des Elberfelder Rabbiners Dr. Zacharias Auerbach wird der jüdische Religionsunterricht im Lehrplan der städtischen Höheren Schulen eingeführt.
Einweihung der Synagoge der Solinger Gemeinde an der Malteserstraße am 8. März.

1875
Zwischen der Solinger Synagoge und dem Amtsgerichtsgebäude muss die Synagogen-Gemeinde eine Mauer errichten.

1876
Einige orthodoxe Familien in Elberfeld mieten einen Betsaal in der Luisenstraße.
Bildung der Solinger Filialgemeinde Richrath.

1880
Bildung der Solinger Filialgemeinde Opladen.
In Neviges leben 44 Juden.

1884
In einem Brief teilen die Wülfrather Juden der Regierung in Düsseldorf mit, dass sie sich seit mehr als hundert Jahren die Kosten für den Friedhof an der Wülfrather Straße mit den Juden aus Mettmann teilen.

1885
In Lüttringhausen leben nur noch zwei Juden.

1886
Eine 2,20 Meter hohe Mauer wird um den Friedhof der Solinger Synagogen-Gemeinde am Estherweg errichtet.

1887
Ein Männerverein (Chewra Gemilus Chassodim) und ein Frauenverein mit je 40 Mitgliedern werden in Solingen gegründet, um Not zu lindern und Wohltätigkeit zu üben.

1893
Seit 1893 erstreckte sich der vorher auf das Gebiet der Stadt Schwelm beschränkte Synagogensprengel über den gesamten gleichnamigen Kreis. Zur Gemeinde gehörten 15 Beitragspflichtige in Schwelm, vier in Langerfeld, drei in Gevelsberg und je ein Mitglied in Voerde und Sprockhövel.

1894
Das Gesuch der Barmer Juden um die Gründung einer selbständigen Gemeinde wird behördlich genehmigt.
In Remscheid leben 48 steuerpflichtige Juden.
Einrichtung eines Religionsunterrichts in der Vereinsschule in der Alleestraße in Remscheid.
Einweihung des jüdischen Friedhofs an der Barmer Hugostraße, heute ein ruhender Friedhof.

1895
Die Barmer Gemeinde engagiert mit Dr. Carl Koch ihren ersten Rabbiner, der 1899 durch Dr. Viktor Grabowski abgelöst wird.

1896
Erwerb des Grundstücks für den jüdischen Friedhof am Weinberg. Er wird bis heute von der jüdischen Gemeinde belegt.
In Lennep leben 36 Juden, in Velbert 86.

1897
Im Januar Einweihung der Barmer Synagoge in der Scheurenstraße.