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„Schwabinger Krawalle“: Geschichtsbilder zwischen Gaudi und Gewalt, Gitarrenspiel und Gummiknüppeleinsatz

Bundesweit beachteter Band - herausgegeben von Gerhard Fürmetz - in der Schriftenreihe des Geschichtsortes Villa ten Hompel

Verfasst am 16. September 2006

Was in Münster während der Fußball-WM der Ludgerikreisel war, ist in München traditionell die Leopoldstraße: Fester Treffpunkt, Ort geselligen Feierns und eine Hauptverkehrsader, über die an besonderen Abenden eine ausgelassene Menschentraube gerne mal die Herrschaft übernimmt. Im Sommer des Jahres 1962 jedoch eskalierte an der Leopold-/Ecke Martiusstraße die Situation, als eine Streife das späte Platzkonzert einiger Straßenmusiker „wegen Ruhestörung“ beenden wollte.

Ein Wort gab das andere, Fäuste flogen, massive Empörung und Unruhe brachen aus. Aus Gaudi erwuchs Gewalt, das Gitarrenspiel beendeten Gummiknüppeleinsätze. Es folgten Festnahmen und tagelange Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Bürgern, die als „Schwabinger Krawalle“ weit über München hinaus Schlagzeilen machten und so Eingang in die Geschichtsbücher fanden.

Inzwischen sind die Ereignisse, um die sich etliche Legenden mit politischen Zerr-, Selbst- und Fremdbildern ranken, zu einem hochinteressanten Forschungsgegenstand geworden. Aktuell und anschaulich belegen das Michael Sturm sowie weitere kompetente Autoren des Sammelbandes „Schwabinger Krawalle. Protest, Polizei und Öffentlichkeit zu Beginn der 60er Jahre“, den Archivrat Gerhard Fürmetz herausgegeben hat. Der bei Klartext in Essen verlegte Titel erschien jetzt in der Schriftenreihe des Geschichtsortes Villa ten Hompel, die Prof. Dr. Alfons Kenkmann federführend betreut. Unter aktiver Mitwirkung von Historikern des Instituts am Kaiser-Wilhelm-Ring 28, aber ohne einen Cent Zuschuss aus der münsterschen Stadtkasse: Das Projekt wurde allein über eingeworbene Drittmittel finanziert.

So ließen sich die beiden Bezirksausschüsse Schwabing-Freimann und Schwabing-West der Landeshauptstadt München die für Bayern, aber polizeihistorisch durchaus auch bundesweit beachtete Publikation einiges kosten. Die Gesellschaft der Münchener Landeshistoriker e.V. gehört ebenfalls zu den Unterstützern. Als anerkannte Forschungsstelle kam die Villa ten Hompel, in der Michael Sturm u.a. regelmäßig Seminare für Polizeibeamte mitgestaltet, zum Zuge: Übernahm doch Dr. Thomas Kleinknecht aus Münster, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den Förderverein des Geschichtsortes tätig ist, die Text- und Bildredaktion des neuen Sachbuches. In mehreren Fachzeitschriften sowie überregionalen Medien wurde es ausführlich, dabei sehr lobend besprochen.

In ihren Beiträgen analysieren die Autoren nahe an den Quellen die brisanten Streitfragen rund um „Ursache und Wirkung“ im Konflikt zwischen Polizei und Protestierenden, der übrigens auch in Polizeikreisen selbst heute völlig anders beurteilt wird als noch vor wenigen Jahren. Die Bilder aus 1962, die dank intensiver Recherche zusammengetragen werden konnten, geben zusätzlich Aufschluss über das Verhältnis der Beamten zum 'polizeilichen Gegenüber', das nicht nur wegen überkommener Einsatzkonzepte und einem Wechselspiel von Angst, Aggression und Konfusion in eine gefährliche Spannung ausartete. Das Medienecho tat ein Übriges.

Der Titel ist im Buchhandel oder direkt am Geschichtsort Villa ten Hompel erhältlich. Er kostet 22,90 €. „Die Schriftenreihe der Villa ten Hompel hat sich mit diesem sechsten Band fest etabliert. Sie wird in der Wissenschaft intensiv wahrgenommen“, freut sich Prof. Dr. Alfons Kenkmann.

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