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Else Waldmann - eine Bonner Jüdin

Foto von Else Waldmann im Jahr 1938

Else Waldmann 1938

Am 13. Januar 1913 wurde Else als zweite Tochter von Babette und Ludwig Waldmann in Bonn geboren. Nach der Schule machte Else eine Lehre beim Konfektionsgeschäft Kemp & Sohn als Dekorateurin, Verkäuferin und Modevorführerin. Mit dem Tod der Mutter im Jahr 1930 war für Else und ihre zwei Jahre ältere Schwester Karola die unbeschwerte Jugend vorüber. Ihr Vater heiratete 1933 erneut, 1935 wurde die Halbschwester Margarete Liselotte geboren. Im gleichen Jahr erfolgte die Entlassung von Ludwig Waldmann aus dem städtischen Orchester aufgrund der nationalsozialistischen Gesetzgebung. Dem Vater war jegliche Lebensgrundlage genommen. Seine zweite Frau, die keine Jüdin war, ließ sich kurz darauf scheiden. 

Nachdem nicht-jüdische Geschäftsinhaber keine jüdischen Angestellten mehr beschäftigen durften, verlor Else ihre Stellung und begann im Damenmodengeschäft von Amalie Heumann, zu arbeiten. Während des Pogroms am 10. November 1938 erlebte sie, wie SA- und SS-Männer in Zivil in den Modesalon eindrungen und das Ladenlokal verwüsteten. Das Geschäft musste schließen und Else verlor endgültig ihre Arbeit.

Fast alle jüdischen Freunde waren bereits ins Ausland geflohen. Else und Karola überlegten ebenfalls, Deutschland zu verlassen. Ihr Vater war aber nach mehreren Nervenzusammenbrüchen und Schlaganfällen gelähmt und wäre von keinem Land aufgenommen worden. Die Schwestern vereinbarten, dass diejenige auswandern könnte, die als Erste die notwendigen Papiere zur Emigration erhielt. Die Andere sollte sich weiter um den Vater kümmern. Karola erhielt eine Einreisegenehmigung für die USA und fuhr im August 1939 in die Niederlande. Es gelang ihr jedoch nicht, eine Schiffspassage für die Überfahrt zu bekommen. Karola musste in Amsterdam bleiben.

Else und ihr Vater hingegen mussten mehrere Male innerhalb von Bonn umziehen. Die letzte gemeinsame Adresse war die Viktoriastraße 26. Dort starb Ludwig Waldmann nach einem weiteren Schlaganfall im Dezember 1940. Ab Januar 1941 wurde Else zur Zwangsarbeit verpflichtet. Zusammen mit den verbliebenen Bonner Juden wurde sie Mitte 1941 im Sammellager Endenich interniert und von dort aus am 27. Juli 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort musste sie schwere Arbeiten verrichten. Im Juni 1944 wurde sie in das Außenlager Wulkow in Brandenburg strafverlegt, im Februar 1945 zurück nach Theresienstadt gebracht. Während der gesamten Zeit ihrer Gefangenschaft reichte das Essen kaum zum Überleben.

Nach der Befreiung Anfang Mai 1945 half Else auf der eingerichteten Krankenstation. Im Juli 1945 wurde sie zusammen mit anderen Überlebenden ins Rheinland zurückgebracht. Sie litt noch Jahre unter den Folgen der Haft. Erst 1960 erhielt sie vom Roten Kreuz die Gewissheit, dass ihre Schwester Karola am 15. Juli 1942 in das Durchgangslager Westerbork in den Niederlanden gebracht und am gleichen Tag weiter nach Auschwitz deportiert worden war. Dort starb Karola Waldmann, vermutlich am 30. September 1942.

Else gehörte zu den wenigen deportierten Bonner Juden, die überlebt haben. Sie entschied sich, nach Ende des Kriegs nach Bonn zurückzukehren:

"Dort bin ich geboren, ich liebe Bonn, ich liebe Beethoven, und die Gräber meiner Familie sind auch hier.“

Else machte eine weitere Ausbildung und arbeitete bis zu ihrem 60. Lebensjahr als Buchhalterin. Sie engagierte sich ehrenamtlich in der Synagogengemeinde, in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, später auch in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und in der Gedenkstätte Bonn. Vor allem jungen Menschen berichtete sie immer wieder von ihrem Leben. Aufgrund ihres Engagements für die Bonner Begegnungswochen wurde Else 1986 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 1995 trug sie sich in das Goldene Buch der Stadt Bonn ein.

Else Waldmann starb am 14. Mai 2004 in Bonn. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in der Römerstraße beigesetzt.